40 Jahre Porsche 928 (1977 bis 1995) – ein Bericht von Adrian Hagmann

DER komfortable Hochleistungssportwagen mit grösster Sicherheit  und Alltagstauglichkeit                

Wir sind im Jahre 2017 und dürfen in den zeitlichen Rückspiegel schauen. Die Epoche ist vorbei, als Porsche AG, Deutschland (PAG) den 356er, oder den 911er produzierte. PAG hat das Angebot clever in die Breite entwickelt. Zusätzlich zu den Sportwagen hat man sich als Hersteller von Geländewagen, SUV’s, Roadster und 4-türigen, schnellen Komfortautomobilen etabliert. Heute ist das Bewusstsein da, dass man mehr als leichte, spartanisch ausgestattete Heckmotor-Sportwagen bauen kann. Dies ist zwar spät, aber lieber jetzt als nie. Die Entstehung des Porsche 928 erfolgte in einer schwierigen Zeit.

1965 die Unfallserie mit Sportwagen und dem Heckmotor-Fahrzeug  Chevrolet Corvair hat dem 356 und 911 in den USA sehr geschadet. Mr. Ralph Nader hat massive Sicherheitsbedenken veröffentlicht.

1968 begann man die Heckmotor-Philosophie zu überdenken. Erste Entwürfe für ein neues Porsche-Fahrzeug entstanden. 1969 startet PAG erste Versuche mit Frontmotor-Fahrzeugen.               

Im Juli 1971 erfolgt die Evaluation von Antriebsart und Motorenanordnung für DAS neue Fahrzeugkonzept für die nächsten 8-12 Jahre nach 40 Kriterien. Resumé: Grosser V8-Motor auf Hinterachse = zu hecklastig, Quergestellter Heckmotor = zu laut, Mittelmotoranordnung = zu wenig Platz für Personen und Gepäck, Frontantrieb mit 300PS-Motor = Frontfahrwerk ist überfordert. Bester Kompromiss = Transaxle-Bauweise mit Frontmotor, Zentralrohr mit Welle und Getriebe im Heck mit  50%/50% Gewichtsverteilung auf den Achsen.

Am 21.10.1971 fällt Entscheid und Freigabe für dieses neue Fahrzeugkonzept, das interne Projekt K, später Projekt 928. Die wachsenden Bedürfnisse der USA-Kunden (Hauptmarkt) verlangten nach mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Luxus. Entscheid für modernen Leichtbau in Mischbauweise, Transaxle-Prinzip, Frontmotor (8-Zyl.-5Liter-300PS), Getriebe im Heck. Einsatz modernster, innovativer Technologien in allen Bereichen der Entwicklung. Es wurden die besten und erfahrensten Entwicklungs-Ingenieure, Stylisten, Formgestalter und Aerodynamik-Spezialisten einbezogen. Sie konnten erstmalig von Grund auf ein komplett eigenständiges Fahrzeug konstruieren. Es war der technologische Neuanfang bei PAG basierend auf der Evaluation vom Juli 1971. Ohne Gleichteile von VW, oder Audi nehmen zu müssen, auch losgelöst von den bisherigen Fahrzeugkonzepten. Michael Bowler, Classic Cars, März 1979 schrieb: „Die Ingenieure von Porsche setzten sich vor ein weisses Blatt, um das ideale Auto zu konstruieren. Sie haben mit all ihrer Erfahrung genau das erreicht.“ Das Projekt 928, resp. der Porsche 928 war der Primus und von da an der neue Kompetenz- und Technologieträger der PAG bis zum Erscheinen des 959 im Jahre 1985. Die Transaxle-Bauweise und das Know-How vom Projekt 928 wurden in die nachfolgenden Entwicklungen der Typen 924, 944, 968 übernommen.

1973-1975: Kalter Krieg in Europa, 6.10.73 Kriegsausbruch: Vierter Krieg zwischen Arabern und Israel, Ölembargo, Tempolimiten, Sonntagsfahrverbote, Energie-, Autokrise, allgemeine Rezession, verunsicherte Bevölkerung. Zusätzlich noch strengere Abgas-, Geräusch- und Sicherheitsvorschriften. PAG sah das Entwicklungspotenzial des 911 als erschöpft. Verkäufe sind stark rückläufig, im „Keller“. PAG entlässt 17% der Belegschaft.

Januar 1976: Verkaufsstart des Transaxle-Porsches 924, des neuen Hoffnungsträgers. Obwohl der Entwicklungsstart des 924ers später war, aber es bestand die Möglichkeit schneller zu agieren, deshalb hatte man den 924 früher auf den Markt gebracht. Er ist auf Anhieb ein Verkaufshit in den USA. Im 1976 werden weltweit 23‘200 Stk verkauft. Im Jahre 1976 wurden 48% des Porsche-Fahrzeugumsatzes mit dem Porsche 924 erzielt! Der Porsche 924 war der finanzielle Rettungsanker für die PAG.

16.03.1977: Offizielle Erst-Präsentation des Porsche 928 am Pressetag des Autosalons in Genf. DER Star des Salons, wirkte wie ein Magnet auf Presse, Prominente und Besucher. Presse-Kommentare: „Der 928 ist nicht irgendein neuer Wagen, sondern ein Stück Entwicklungsgeschichte des Automobils.“ (Gernot Röthing, Auto Zeitung, März 1977) „Porsche 928 ist ein technisch innovatives Hochleistungs-Automobil, eine Synthese von Langlebigkeit, Sportlichkeit und Komfort“. (Deutsche Tageszeitung, März 1977) „Bei der Erstpräsentation wirkte der 928, als sei soeben ein UFO gelandet“. (Salonloewen, Träume Wagen, 11/2014)

02.05.1977: Start der Serienfertigung des Porsche 928 im brandneuen Porsche-Werk 2.

10.06.1977: 24h-Rennen in Le Mans: Der silberne Porsche 928, Schild S-CX 2141 wird mit Spektakel vor 300‘000 Zuschauern bestens präsentiert und eröffnet das Rennen erstmalig als vorausfahrender Pace-Car.
Der Porsche 928 war der erste Komfort- und Sicherheits-Sportwagen von PAG. Es wurde ein von Grund auf neuer, komfortabler und luxuriöser Hochleistungssportwagen erschaffen, der Reisen zum Vergnügen und nicht zu einem Autorennen macht. Er hat die perfekte Kombination von Fahrstabilität, Komfort, Sportlich-keit und Alltagstauglichkeit.

Feb. 1978: Der Porsche 928 wurde von einer internationalen Jury zum „Car of the Year 1978“ gewählt. Es ist auch bis heute der einzige Sportwagen und Porsche dem diese hohe Ehre zugesprochen wurde. Die Trophäe wurde in Monte Carlo durch Fürst Rainier von Monaco an den Porsche-Chef, Dr. Ernst Fuhrmann feierlich überreicht.
In der Bauzeit von 18 Jahren wurde der 928er laufend verbessert und neue Funktionen hinzugefügt. Die Innovationen ab August 1977: Erster Porsche mit Servolenkung, erstes Grossserien-Automobil mit Benzintank aus Kunststoff, erstes Serienautomobil weltweit mit karosserieintegrierten Stossfängern im Bug- und Heckbereich, Aluminium-Fahrwerke vorne und hinten (Neu und Gewichtsreduktion), weltweit
erstes Fahrzeug mit spurkorrigierender Hinterachse, die „Weissach-Achse“, Gehäuse des V8-Motors
aus speziell entwickelten Leichtmetalllegierungen, erstes Serienfahrzeug der Welt mit Ventilsteuerung über Zahnriemen. Serienmässig war auch schon: Zentralverriegelung, Aussenspiegel von innen elektrisch verstell- und beheizbar, Scheinwerfer-Reinigungsanlage, Klappscheinwerfer haben eine hydraulische Leuchtweiten-Regulierung und im Detail vieles mehr. Später kamen dazu:

Sept. 1979: 928 S(1) Automat. Klimaanlage, serienmässig, für USA ist 928 S mit geregeltem Kat.im Angebot

Sept. 1985: 928 S(2) Erster Porsche mit serienmässigem ABS-System

Sept. 1988: 928 S4  Weltweit erstes Grossserienfahrzeug das RDK-ReifenDruckKontrollsystem hat.

Sept. 1991: Alle Modelle von PAG haben serienmässig Fahrer- und Beifahrer-Airbags.

20.07.1995: Die Transaxle-Epoche war abgelaufen. Produktionsende für den Porsche 928!

Ohne den kommerziellen Erfolg der Transaxle-Familie 924, 944, 968 und 928 mit 400‘000 verkauften Porsches hätte PAG die 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als Hersteller von sportlichen Serienfahrzeugen wohl kaum überlebt. Die Transaxle-Fahrzeugfamilie als Ganzes, war für die PAG auch wirtschaftlich ein grosser Erfolg. Mit diesen Fahrzeugen hat man viel gelernt und ist in eine neue Liga aufgestiegen, die der komplexen Komfortwagen mit vielen Sicherheits-, Komfort-, und Luxus-Funktionen.

Weil der 928 kein 911 ist, so muss sich der 928 seit seinem Debüt von 1977 mit allerlei Missverständnissen bis heute herumschlagen. Es waren zwei ganz verschiedene, nicht vergleichbare Fahrzeugkonzepte, die ganz andere Fahrzeugcharakteristik und Fahrgefühl beim Fahren vermitteln. Da ist die sehr unklare, schlechte Informationspolitik der damaligen PAG hauptsächlich Schuld. In zweiter Linie ist es die Automobil-Presse. Sie beide haben spätestens bei der Präsentation des 928ers gewusst, dass der Transaxle-928er ein ganz anderes Konzept ist und ein ganz anderes Fahrerlebnis abgibt, als dass sich die 911er Fahrer gewohnt waren. Unverständlich aus heutiger Sicht, dass man versuchte Elfer-Piloten, die vom puren Fahrgefühl und ruppiger Fahrcharakteristik begeistert waren umzustimmen und zu „bekehren“. Der damalige PAG-Vorstand und das Marketing unterschätzten auch die hohe Modellloyalität der luftboxenden Stammkundschaft. Der Vergleich aus heutiger Sicht ist müssig. Deshalb, wer heute noch die Mair verbreitet, dass der 928er die gleichen Kunden ansprechen sollte, oder die Nachfolge des 911 antreten sollte, der steht abseits und stellt sein Porsche-Wissen und seine Kompetenz in Frage.

Produktionszahlen, -zeit und Entwicklungs-Varianten des Porsche 928

Stückzahl Modell Motor Leistung Bauzeit
17’669 Porsche 928 Urmodell 4’500 ccm 240 PS 08.1977 bis 07.1982
25’310 Porsche 928 S (1-3) 4’700 ccm 288/300/310 PS 08.1979 bis 07.1986
15’246 Porsche 928 S4, S4-CS, GT 5’000 ccm 327/320/330 PS 08.1986 bis 11.1991
2’831 Porsche 928 GTS 5’400 ccm 350 PS 08.1991 bis 07.1995
61’056 Total weltweit      

Von 1977 bis 1995 wurden 1‘700 Porsche 928 in die Schweiz importiert. In den 70er bis 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist man dem 928er fast täglich begegnet. Viele davon waren im harten Einsatz als Geschäftsfahrzeuge und haben viele Tausend km zurückgelegt. In der Zwischenzeit sind es Liebhaber- und Hobby-Fahrzeuge geworden. Im Jahre 2016 fuhren noch etwa 400 Porsche 928 auf Schweizer Strassen.

Der Porsche 928 war 1977 technisch 10 Jahre und betreffs Formgebung 30 Jahre und mehr voraus. Der Porsche 928 ist von den besten Porsche-Ingenieuren erdacht , konstruiert, erprobt und bis zur letzten Schraube dank qualifiziertem Porsche-Personal geschaffen worden. Er besteht aus 100% Porsche-Genen. Dies gilt besonders für das handgeschaltete 928 Urmodell. Dies war der erste, reinrassige Grossserien-Porsche. Der Porsche 928 ist vom Beginn bis zum Schluss 100% Porsche. Mehr Porsche geht nicht!

Text Adrian Hagmann, Präsident 928-Freunde Schweiz

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