Erste Station unserer kleinen Italienreise war die Rennstrecke in Varano de‘ Melegari. Die Gemeinde mit rund 2’600 Einwohnern liegt knapp 30 Kilometer südwestlich von Parma im Valle del Ceno. Hier mündet der Ceno in den Taro, der die östliche Gemeindegrenze bildet. Viele Gemeinden haben eine oder mehrere Persönlichkeiten, die ihrer Gemeinde zu einer gewissen Bekanntheit verhalfen. Varano de‘ Melegari hat politisch oder geschichtlich keine grossen Namen vorzuweisen, aber wer sich mit Rennsport etwas auskennt, weiss, um wen es sich handelt. Es ist kein geringerer als Giampaolo Dallara. Hier ein Auszug aus Wikipedia:
Dallara machte 1959 seinen Abschluss auf dem Polytechnikum Mailand im Bereich Luftfahrttechnik. Anschließend arbeitete er bei den italienischen Autoherstellern Ferrari, Lamborghini, Maserati und De Tomaso. Er war federführend bei der Herstellung des Ferrari 250 GTO. Für Lamborghini konstruierte er 1963 den Prototyp 350 GTV und das darauf basierende Serienmodell 350 GT; später konzipierte er den Espada und den Miura. Er war als Direktor der neuen Fabrik verantwortlich für den Fertigungsablauf der Prototypen.
Ende der 1960er Jahre wechselte Dallara zu De Tomaso. Dort arbeitete er am Design des von Frank Williams Racing Cars eingesetzten Formel-1-Autos De Tomaso 505. 1972 gründete er in Varano de’ Melegari bei Parma sein eigenes Unternehmen Dallara Automobili. Sein erstes modernes Produkt war ein 1000-cm³-Sport-Prototyp, gefolgt von weiteren 1300er- und 1600er-Prototypen.
1973 wurden Testläufe der Dallara-16V-Motoren im Fiat X1/9 der Scuderia Filipinetti unter Regie von Mike Parkes gemacht. 1975 wurde auf dem Pariser Autosalon eine Rennversion der Gruppe 5 des Fiat X1/9 vorgestellt: der Icsunonove Dallara. Das Auto wurde mit einer GfK-Karosserie ausgerüstet, die Kotflügel und einige Teile des Chassis wurden entfernt. Durch diese Maßnahmen kam man auf ein Gewicht von 690 kg. Die Karosserie wurde bei Bertone entwickelt, die Technik bei Dallara. Der Icsunonove Dallara wurde hauptsächlich bei Bergrennen eingesetzt.
1978 konstruierte Dallara seinen ersten Formel-3-Wagen, welcher im selben Jahr die italienische Meisterschaft gewann. Dallara Automobili war 1986 bis 1992 mit eigenen Chassis bzw. eigenem Team in der Formel 1 dabei. Seit 1997 arbeitet er für verschiedene Teams der Indy-Car-Meisterschaft. Seine Fahrzeuge gewannen 1988, 1999 und 2000 sowie die 500 Meilen von Indianapolis 1998, 1999 und 2001.
2017 wurde mit dem Dallara Stradale im Rahmen seines 81. Geburtstags das erste straßenzugelassene Fahrzeug der Marke vorgestellt.
Wenn man schon Rennwagen konstruiert und baut, muss man natürlich auch testen können. 1969 wurde die kleine Rennstrecke in Varano d‘ Melegari gebaut und schrittweise erweitert. Seit 2011 hat die Strecke mit 11 Kurven eine Länge von 2’350 Metern. Offiziell heisst die Strecke Autodromo Riccardo Paletti. Paletti (1958 bis 1982) war ein italienischer Rennfahrer, der beim Grossen Preis von Kanada bei seinem erst zweiten Formel 1-Rennen tödlich verunglückte. Wir waren anlässlich des Bergrennens Vernasca Silver Flag schon zweimal in Varano und dieses Jahr gab es am Freitag, 9. Juni wieder einen Trackday, den 11. Historic Trackday, organisiert vom italienischen Anbieter von Ersatzteilen für Abarth, Berni Motori. Rund 35 Fahrzeuge kamen zur Dallara-Teststrecke. Darunter natürlich viele Raritäten aus dem Rennsport. Ein sehr spezielles Fahrzeug war der Fiat Abarth 207 A Spider Corsa mit einer Karosserie von Boano aus dem Jahr 1955. Das von Berni Motori gezeigte Fahrzeug hat die Chassis-Nummer 003.
Ein ebenfalls sehr interessantes war der Abarth T-140. Kenner sagen jetzt, dass das eigentlich unmöglich sei, denn der 1966/67 geplante Rennwagen mit einem mächtigen 12 Zylinder-Motor mit 6 Litern Hubraum wurde nie gebaut. Abarth hatte die Idee, gegen die übermächtigen Porsche und Ferrari anzutreten und plante den Bau dieses ‚Über-Abarth‘. Dazu kam es aber nie, denn wegen einer Reglementänderung hätte das Fahrzeug nie eingesetzt werden können. Dass der Abarth T-140 in Varano dennoch teilnehmen konnte, ist der Scueria Gemini Corse zu verdanken, denn es entstand eine Replica. Ist es denn eine Replika oder eine Recreation, ein Nachbau? Eigentlich nicht, denn es gab nie ein Originalfahrzeug, lediglich Ideen und Pläne. Und diese Grundlage diente als Basis für den Bau des Fahrzeugs. Wenn man den Rennwagen sieht – und vor allem hört – kommt man schnell zum Schluss, dass der Bau, wenn auch Jahrzehnte später, absolut lohnenswert war.
Das war ein wirklich toller Tag in Varano de’Melegari und etliche Teilnehmer traf man tags darauf am 27. Vernasca Silver Flag, über das wir natürlich auch berichten. Berni Motori feierte mit diesem Trackday übrigens seinen 40. Geburtstag. Herzliche Gratulation auch von uns.
Fredi Vollenweider, Ela Lehmann, 12.06.2023
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