Bereits zum 28. Mal fand am Wochenende vom 21. bis 23. Juni 2024 das Bergrennen Vernasca Silver Flag statt. Wie immer gibt es ein Sonderthema zu einem speziellen Modell oder einer Marke. Dieses Jahr wurde 100 Jahre Bugatti Typ 35 gefeiert und 110 Jahre Maserati. Das erste Vernasca Silver Flag gab es bereits 1953, die letzte ‘alte’ Durchführung fand im Jahr 1972 statt. Nach einer Pause wurde dann 1996 das erste ‘moderne’ Rennen ausgetragen, aber als Revival mit Fahrzeugen von damals. Der Veranstalter und Organisator ist der C.P.A.E – Club Piacentino Automotoveicoli d’Epoca. www.cpae.it und www.vernascasilverflag.it. Das Vernasca Silver Flag ist kein Rennen, es sind Showfahrten ohne Zeitmessung. Trotzdem gibt es Preise zu gewinnen, aber eben nicht für den schnellsten Teilnehmer sondern für das schönste Fahrzeug, die interessanteste Geschichte zu einem Fahrzeug, oder einfach, weil der Jury etwas besonders gefällt. So genau weiss man das nicht, spielt aber auch keine Rolle. Gefahren werden insgesamt 3 Läufe, 2 am Samstag und einer am Sonntag. Der Event beginnt am Freitagnachmittag mit der Wagenabnahme und der Registrierung der Teilnehmer. Der erste Tag endete mit einem Konzert für die Teilnehmer. Am Samstag finden von 8:00h bis 10:00h nochmals Wagenabnahmen statt, um 10.30h folgt das Briefing und um 11.00h wird in Castell’Arquato zum ersten Lauf gestartet. Man hat so genügend Zeit und wer den Freitag nicht völlig vergeigt hat am Samstag Zeit für ein gutes Frühstück. Der Start und auch das Fahrerlager befinden sich in Castell’Arquato, das etwas südlich zwischen der Strecke Piacenza – Parma liegt. Der Start erfolgt beim Ristorante La Stazione. Die erste Streckenabschnitt folgt der Hauptstrasse nach Lugagnago, wo nach rund 4.8km eine 90 Grad-Linkskurve folgt, dann wird das Tal des Flusses Arda überquert. nach einem weiteren Kilometer Strecke beginnt die kurvenreiche Bergstrecke hinauf nach Vernasca, wo nach weiteren rund 4km das Ziel erreicht wird. Oben angekommen werden die Fahrzeuge jeweils auf dem Dorfplatz aufgestellt und können von den Besuchern und Zuschauern bestaunt werden. Danach werden die Fahrzeuge auf der nicht mehr gesperrten Strecke hinter einem Pace Car zurück ins Fahrerlager geführt.
Dieses Jahr waren knapp 200 Fahrzeuge gemeldet, wie üblich nehmen auch etliche Schweizer am Event teil. In früheren Jahren gab es ab und zu die Möglichkeit, am Freitag an einem Trackday im nahegelegenen Autodromo Riccardo Paletti in Varano de‘ Melegari teilzunehmen, letztes Jahr sogar anlässlich des Abarth Trackday, organisiert von Berni Motori. 2024 fand das Vernasca Silver Flag aber ohne diesen Ausflug auf die Dallara-Teststrecke statt. Somit wurde am Freitag das Fahrerlager bezogen und eingerichtet. Leider war das Wetter immer wieder ein Thema, die Prognosen waren einmal so und einmal so, aber mir Regen musste gerechnet werden. Der Freitag war noch recht schön und warm und man konnte noch spätabends draussen sitzen. Dann kam der Samstag, unweigerlich, und man war überrascht ab dem strahlend blauen Himmel und den warmen Temperaturen. Einem prächtigen Tag stand also nichts im Weg, des blieb den ganzen Tag schön und sehr warm. Auch das Galadiner fand oben auf der Burg in Castell‘ Arquato statt. Die beiden Läufe am Samstag fanden ohne Zwischenfälle statt, ab und zu gab es kleine Defekte, aber alles hielt sich in Grenzen. Man feierte 110 Jahre Maserati, dazu wurden viele Fahrer eingeladen, auch eine Gruppe mit neueren Fahrzeugen konnten die Strecke befahren. Ein Biturbo kam uns sehr engagiert entgegen, nach der nächsten Kurve entschwand er aus unserem Sichtfeld, aber wir hörten ihn noch. Quietschende Reifen, dann rumpelte es zweimal, wieder quietschende Reifen und ein aufheulender Motor, aber er konnte weiterfahren. Gesehen haben wir ihn allerdings nicht mehr, es dürfte bei einem Blechschaden geblieben sein. Wie eingangs erwähnt, wurden 100 Jahre Bugatti Typ 35 gefeiert. Der berühmte Rennwagen erschien erstmals 1924 auf den Rennstrecken und sollte eines der erfolgreichsten Rennfahrzeuge der Automobilgeschichte werden. Am Vernasca Silver Flag nahmen 3 Fahrzeuge teil, ein Typ 35, ein Typ 37 und der Nachfolger des Typ 35, der Typ 51. Zu sehen war auch ein EB 110 von 1994. Eigentlich waren es 4 1/2 Fahrzeuge, denn der mattrote BMP von Edy Schorno war ursprünglich auch ein Bugatti. Der Damalige Besitzer Luigi Premoli (1908 – 1998) war ein italienischer Rennfahrer, der in den Dreissigerjahren einen Bugatti Typ 30-35, die eigentlich noch Lyon-Bugatti hiessen, besass. Mangels Leistung baute Premoli einen Maserati-Motor ein und nahm mit diesem BMP erfolgreich an diversen Rennen teil. 1939 wurde das Fahrzeug in den Kriegswirren zerstört. Edy Schorno, Oldtimer-Spezialist aus Küssnacht am Rigi, baute während den letzten 6 Jahren ein Auto auf, das genau dem damaligen Original entspricht. Die drei Buchstaben BMP stehen für Bugatti, Maserati und Premoli. Somit konnte dieses herrliche Fahrzeug eigentlich an beiden Geburtstagen mitfeiern 😉
Neben vielen hochkarätigen Fahrzeugen begegnet man am Vernasca Silver Flag auch immer vielen Prominenten aus der Rennsportszene. Dieses Jahr war der ehemalige Formel 1-Fahrer Thierry Boutsen anwesend, er pilotierte einen Bizzarrini 5300 GT. Riccardo Patrese, 6-facher Formel 1-Sieger mit insgesamt 256 Starts, fuhr einen Lancia Stratos. Clemens Schickentanz war mit einem Nachbau seines ehemaligen Rennwagens, des ersten AMG-Mercedes, einem 300 SEL 6.3, genannt die ‚Rote Sau‘, am Vernasca Silver Flag. Porsche-Ikone Jürgen Barth lenkte einen roten Jaguar XK 120 OTS. Der zweifache Rallye-Weltmeister auf Lancia Delta, Miki Biasion, fuhr in der Gruppe Maserati Classiche mit einem brandneuen Typ MC-20 mit und Eris Tondelli, (im Bild ganz rechts) der ehemalige Abarth-Fahrer war wie immer vertreten, dieses Jahr mit einem Abarth 2000 OT. Auch mit Anneliese Abarth nahmen wir am späten Samstagabend noch einen Drink. Dann war auch der ehemalige Chefmechaniker von Niki Lauda, Ermanno Cuoghi, Jahrgang 1935, im Fahrerlager in Castell‘ Arquato und erzählte einer Gruppe interessierter Zuhörer packende Geschichten aus den guten alten Zeiten des Rennsports. Auf dem Bild ganz rechts, links Patrizio Cantu mit seiner Frau. Das alles kann man hautnah miterleben. Diese und viele andere Persönlichkeiten machen den Event zu etwas ganz Besonderem. Der Samstagabend stand dann im Zeichen des Galadiners oben beim Kastell in Castell‘ Arquato unter freiem Himmel. Immer ein besonderes Erlebnis mit toller Stimmung. Auch dieses Jahr fand eine Auktion mit diversen Automobilia-Artikeln statt. Der Erlös kommt jeweils einer gemeinnützigen Organisation zu. Ein begehrter Artikel war ein Paar Schuhe von Thierry Boutsen, natürlich musste er sie gleich signieren. Durch den Abend führte Daniele Turrisi, (mit seiner Partnerin Marialaura Luraghi) der beim Start zusammen mit Savina Confaloni die Fahrzeuge vorstellte. Da der dritte Lauf, der am Sonntag erst um 10.30 Uhr gestartet wurde, konnte man den schönen Sommerabend in Bella Italia geniessen, bis um 01.30 Uhr der Regen kam und das Hotelbett ein Thema wurde. Am Sonntag fuhren wir von unserem Hotel in Salsomaggiore direkt hinauf nach Vernasca und fotografierten die Teilnehmer beim Eintreffen kurz vor dem Marktplatz. Glücklicherweise hörte der Regen schon lange vor dem Start auf und der letzte Lauf konnte ebenfalls bei trockenen Bedingungen gefahren werden. Allerdings waren die Temperaturen massiv tiefer und eine warme Jacke war von Vorteil.
Nachdem alle Teilnehmer ihr Fahrzeug geparkt hatten, gab es oben in der Antica Pieve di San Colombano di Vernasca das Mittagessen und anschliessend die Preisverleihung. Zum Glück waren die Plätze mit einem grossen Zeltdach gedeckt, denn am späteren Nachmittag setzte der dann befürchtete Regen mit aller Heftigkeit ein und der zusätzlich aufkommende Nebel verwehrte die Aussicht auf die Umgebung. Die ganze Szenerie wirkte schon sehr herbstlich, ein Teilnehmer meinte, eben very british. Die Fahrzeuge wurden unter Führung eines Pace Cars wieder ins Fahrerlager nach Castell‘ Arquato geführt. So endete das 28. Vernasca Silver Flag leider im Regen. Aber trotzdem war es wieder ein toller und perfekt organisierter Anlass, der sehr sympathisch und familiär ist. Da gibt es keine abgeschotteten VIP-Bereiche, man trifft und unterhält sich im Fahrerlager oder in einem der umliegenden Restaurants. Man hat nie Stress und immer genügend Zeit für ein Gespräch. Wir danken Claudio Casali (links, mit Daniele Turrisi) und seinen vielen Helfern für den Einsatz und freuen und schon auf nächstes Jahr. Das Datum steht noch nicht fest und wird zu gegebener Zeit auf der Webseite des Veranstalters publiziert.
Zum Schluss noch eine traurige Nachricht. Unser Freund aus Holland, Alfa-Spezialist Jan Steutel, der viele Jahre mit seinem wunderschönen Alfa Romeo 8C teilnahm, ist ein paar Tage vor dem Event leider verstorben und ausgerechnet am Samstag war seine Beerdigung. Unser herzliches Beileid seiner Familie. Jan wird uns als liebenswerter Mensch in Erinnerung bleiben. R.I.P. Jan.
Und ganz zum Schluss wie immer ‚unser‘ Polizist, der beim Eintreffen der Fahrzeuge in Vernasca immer alles im Griff hat. Danke Samuele.
Fredi Vollenweider und Ela Lehmann, 24.06.2024
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