Mille Miglia 2018 (IT)

Seit 1927 gibt es die MILLE MIGLIA, oder auch 1000 MIGLIA. Sie wird auch als ‘The most beautiful race in the World’ bezeichnet, also das schönste Rennen der Welt. Ob das tatsächlich so ist können wir nicht beurteilen, es kommt auch immer auf die sichtweise an, als Zuschauer oder Teilnehmer. Die ‘Mille’ bietet aber enorrm viel, coole Leute, wirklich tolle Autos, eine herrliche Landschaft und eine Stimmung, die man sonst selten findet an einer Motorsportveranstaltung. Und es ist eine gigantische Veranstaltung mit einem riesigen Tross an Fahrzeugen, der sich während den vier Tagen von Brescia nach Rom und wieder zurück durch die italienische Landschaft kämpft. Die 4 Etappen führten dieses Jahr von Brescia nach Cervia Milano Marittima bei Rimini, von dort nach Rom, die 3. Etappe startete in Rom und endete in Parma und von dort ging es am Samstag, dem letzten Tag, zurück nach Brescia. Der Start erfolgte morgens jeweils um 06.30h und an den Zielorten trafen die letzten Teilnehmer teilweise erst nach Mitternacht ein. Hier bietet sich ein Vergleich an mit dem Rennen von 1955, als Stirling Moss mit Beifahrer Denis Jenkinson die Strecke in 10 Stunden, 7 Minuten und 48 Sekunden bewältigte und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 157,651 km/h erreichte. Wohl gemerkt, bei nicht abgesperrten Strassen. Der Mercedes-Benz 300 SLR mit der legendären Startnummer 722, was nichts anderes hiess als die Startzeit 07.22h, war damals sicher der beste Langstreckenrennwagen, aber trotzdem ist dieses Ergebnis heute fast unbegreiflich. Klar hinkt der Vergleich mit der heutigen Mille Miglia, die ja kein eigentliches Rennen mehr ist, sondern eine ‘Kommerzveranstaltung’. Es wird aber trotzdem noch immer schnell gefahren und wenn man als normaler Verkehrsteilnehmer nicht sofort Platz macht, hat man schnell die Polizei neben sich die unmissverständlich klar macht, was zu tun ist. Als offizielles Medienfahrzeug geniesst man da doch gewisse Vorteile und man kann auch mal mit etwas sportlicherem Tempo eine Ortschaft durchfahren. Vorsicht ist aber trotzdem immer geboten. Wir begannen wie die letzten Jahren ebenfalls am Start in Brescia, wo die Teilnehmer auf der Viale Venezia aufgereiht werden und das Rennen starten.

Mille Miglia 2018

Mille Miglia 2018. Die Vorkriegsfahrzeuge begeben sich zum Start auf der Viale Venezia

Beim einen oder anderen Teilnehmer spürt man eine gewisse Anspannung, vor allem bei denen, die noch wenig Erfahrung mit der ‘Mille’ haben. Als Berichterstatter und Fotograf hat man es ebenfalls nicht leicht, denn man muss immer wieder alternative Strecken suchen und möglichst viele Teilnehmer überholen, sonst fährt man nur hinterher und kann gar nicht fotografieren. Kommt dazu, dass das ganze Startprozedere fast 2 1/2 Stunden dauert, was meistens nicht reicht, um den nächsten Zwischenhalt vor dem ersten Teilnehmer zu erreichen. Die erste Etappe führte über Sirmione, wo wir die letzten Jahre immer fotografierten. Wir entschieden uns aber diesmal für Borghetto / Valeggio sul Mincio, wo wir schon einige Male am Tortellini-Festival auf dem Ponte Visconteo waren und den Ort kennen. Dort übernachteten wir bei Rosie im Casa Mia. Der kleine Ort Borghetto, durch einen Hügel mit Kastell getrennt vom benachbarten Valeggio, ist bekannt durch den Damm Ponte Visconteo, der von 1393 – 1395 errichtet wurde. Und genau über diesen Damm fuhren die Teilnehmer. Das Kastell auf dem Hügel bot eine einmalige Hintergrund-Kulisse, die von der Abendsonne noch unterstrichen wurde.

Mille Miglia 2018 Ponte Visconteo in Borghetto

Mille Miglia 2018. Der von 1393 bis 1395 erbaute Damm und Brücke Pone Visconteo, der die Orte Borghetto und Valeggio sul Mincio verbindet

Den Donnerstag verbrachten wir dann in Borghetto und Umgebung und machten uns erst am Freitag wieder auf den Weg Richtung der Route der Mille Miglia. Wir entschieden uns für den Passo della Cisa an der Grenze zur Toskana. Pässe im hügeligen italienischen ‘Niemandsland’ üben immer eine gewisse Faszination aus. 2015 fotografierten wir am berühmten Passo della Futa, der auch ein Publikums- und Besuchermagnet war. Hunderte von Besuchern reisten mit ihren Oldtimern an, was uns zu einem eigenen Bericht veranlasste. Der Passo della Cisa, 1’041 Meter hoch, liegt zwischen La Spezia und Parma. Seit vor einigen Jahren eine kurvenreiche Autobahn gebaut wurde, hat der Pass verkehrstechnisch nur noch eine geringe Bedeutung, ist aber noch immer beliebt, auch bei Motorradfahrern. Die Route der Mille Miglia führte erst einmal über diesen Pass, das war 1949. Es war also an der Zeit, den Passo della Cisa nach 69 Jahren wieder zu fahren. Erstmals wurden dieses Jahr einzelne Streckenabschnitte für den öffentlichen Verkehr gesperrt, so auch der Cisa-Pass, auf den man von Berceto kommend zwar hochfahren konnte, oben aber freundlich zur Umkehr gebeten wurde. Dummerweise stand das aber nirgends am Beginn der Passstrasse und so kam es zu wilden Wortgefechten zwischen verärgerten Anwohnern und einer Heerschar an Polizisten und Ordnungskräften. Es beruhigten sich dann aber alle und die Mille Miglia ging weiter. Man ist eben in Italien, da sieht man die Dinge etwas anders und dann geht es um die 1000 Miglia, die hat während den 4 Tagen einfach Vorrang.

Mille Miglia 2018, Cisa-Pass

Mille Miglia 2018: Diskussionen auf dem Cisa-Pass

Vom Passo della Cisa fuhren wir weiter auf die besagte Autobahn, die wegen der vielen engen Kurven teilweise auf 60 km/h beschränkt ist. Um möglichst viele Teilnehmer überholen zu können, mussten wir dann doch geringfügig die signalisierte Geschwindigkeit überschreiten, um rechtzeitig in Parma, dem Etappenziel, anzukommen. Es gelang uns tatsächlich, bis auf etwa 30 Fahrzeuge alle zu überholen und in Parma in Empfang zu nehmen. Die letzten Teilnehmer trafen erst nach Mitternacht ein, einige fehlten ganz, wie z.B. Walter Röhrl und Christian Geistdörfer im Porsche 356. Da an diesem Freitagabend in Parma Fussball gespielt wurde und Parma siegreich aus der Begegnung ging, kollabierte der Verkehr und rund 30 Teilnehmer sassen irgendwo in Parma fest. Aber eben, Italien, Mille Miglia und dann noch Fussball, das muss unweigerlich zum Ausnahmezustand führen. Wann die letzten Teilnehmer endlich ins lang ersehnte Bett legen konnten, wissen wir nicht. Von Parma aus wurde dann am Samstag zur vierten und letzten Etappe gestartet. Die Route führte über Mailand, Arese und Monza zurück nach Brescia. Im Park der imposanten Villa Mazzotti gab es noch einen Stempelposten, den auch wir als Foto-Location aussuchten, bevor wir wieder an den Start- und Zielort Brescia weiterfuhren. Auch hier galt es wieder, schnell und gezielt an die Viale Venezia zu gelangen.

1000 Miglia, Villa Mazzotti

Mille Miglia 2018. Die Startnummer 43, ein Bugatti 35 B startet vor der Villa Mazzotti zur letzten Etappe nach Brescia.

In Brescia angelangt, war die Zieleinfahrt bereits in vollem Gange und man spürte bei vielen Teilnehmern eine Fröhlichkeit und gute Laune. Man sah den glücklichen Gesichtern die Freude über das Geleistete an, auch wenn der eine oder andere doch auch etwas erschöpft wirkte. Wie jedes Jahr zieht sich der Zieleinlauf extrem in die Länge, vom ersten bis zum letzten der knapp 470 Teilnehmerfahrzeuge vergehen mehrere Stunden, und während vorne auf der Tribüne die ankommenden Fahrzeuge noch gefeiert und bejubelt werden, laufen ganz hinten bereits die Aufräumarbeiten. Die Mille Miglia 2018, die 36. Austragung der Neuzeit, war wieder eine schöne und tolle Veranstaltung, das Wetter passte und schwere Unfälle blieben glücklicherweise aus. Den einen oder anderen Rempler gab es schon, das ist unvermeidbar, aber die Schäden dürften sich mit mehr oder weniger Aufwand problemos wieder beheben lassen. Den grössten Schaden hatte sicher das holländische Team, denn ihr Alfa Romeo 6C 2500 Sport von 1942 wurde schon vor dem Event von einem Hotelparkplatz gestohlen – samt Anhänger. Auch ein Alfa Romeo 1750 GTV Bertone eines schwedischen Besuchers wurde entwendet. Schade, so etwas müsste nicht sein. Gewonnen hat die Mille Miglia 2018 das argentinische Team Juan Tonconogy / Barbara Ruffini auf Alfa Romeo 6C 1500 GS ‘Testa Fissa’ aus dem Jahr 1933. Herzliche Gratulation. Alle weiteren Platzierungen und Informationen gibt es direkt auf der Website der 1000 MIGLIA.

Mille Miglia 2018, Villa Mazzotti, Chiari. Das Siegerteam Juan Tonconogy / Barbara Ruffini aus Argentinien, auf Alfa Romeo 6C 1500 GS 'Testa Fissa' von 1933.

Mille Miglia 2018, Villa Mazzotti, Chiari. Das Siegerteam Juan Tonconogy / Barbara Ruffini aus Argentinien, auf Alfa Romeo 6C 1500 GS ‘Testa Fissa’ von 1933.

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