47. AvD OLDTIMER GRAND PRIX auf dem Nürburgring

 

1972 entstand die Idee, auf dem Nürburgring ein Rennen für Oldtimer zu veranstalten. Am 10. August 1973 führten der Automobilclub von Deutschland (AvD), der Club Historischer Renn- und Sportfahrzeuge Nürburgring (CHRSN) und der Hesse Motor Sports Club Wiesbaden (HMSC) gemeinsam das erste Internationale Historische Rennen auf dem Nürburgring durch. Wenige Jahre später wurde die Veranstaltung, die heute noch durchgeführt wird, in „AvD-Oldtimer-Grand-Prix“ umbenannt. Mittlerweile gehört der AvD Oldtimer Grand Prix zu den grössten Rennsportveranstaltungen für Oldtimer in Europa. Wenn man sich die Teilnehmerfahrzeuge 2019 anschaut stellt man fest, dass viele davon 1973 noch längst nicht existierten. Ich war 1993 am Event, da gab es noch ein ganzes Rennfeld fast ausschliesslich mit Bugattis. Modelle von Pur Sang aus Argentinien, wenn es sie überhaupt schon gab, dürften damals die absolute Ausnahme gewesen sein. Viel hat sich seither geändert. Man beobachtet an vielen Oldtimer-Veranstaltungen, dass die Fahrzeuge jünger werden, eine Entwicklung, die in einigen Jahren vielleicht problematisch werden könnte, denn die Masse an Fahrzeugen, die per Gesetz zum Oldtimer erklärt werden, dürfte markant ansteigen und was sich zur Zeit auf politischer Ebene abspielt im Zusammenhang mit Autos und auch Oldtimern, ist mehr als fraglich und bedenklich.

Mercedes-Benz CLK AMG am AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring 2019
Mercedes-Benz CLK AMG aus dem Jahr 2000 am AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring 2019

Der AvD-Oldtimer-Grand-Prix 2019 war ein Festival des historischen Motorsports in Deutschland. In zahlreichen Starterfeldern waren hunderte historische Rennwagen auf dem Nürburgring am Start. Vorkriegs-Sportwagen waren ebenso zu sehen wie Formelfahrzeuge praktisch aller Epochen inklusive der FIA-Meisterschaft für Historische Formel 1 Fahrzeuge. Ein großer Akzent lag außerdem auf Sportwagen und GTs – hier reichte die Palette sogar bis in die heutige Zeit, denn neuerdings sind die Masters Endurance Legends dabei (Fahrzeuge aus der Langstrecken-WM und Le Mans bis Baujahr 2006), und der Porsche Carrera Cup schlug die Brücke zum aktuellen Motorsport. Auf der Strecke gab es ständig etwas zu sehen, Langeweile kam nie auf. Mehr als zwei Dutzend Rennen und Gleichmäßigkeitsprüfungen standen auf dem Programm. Aber auch ein Besuch des Fahrerlagers lohnte sich, denn dort reihte sich Attraktion an Attraktion. Ausstellungen, Autogramm- und Interviewstunden und viele weitere Highlights warteten auf Entdeckung. Zahlreiche prominente Gäste wie Ex-Sportwagen-Weltmeister Derek Bell, Formel-1-Experte Christian Danner, Arturo Merzario oder auch ehemalige DTM-Piloten wie Volker Strycek und Prinz Leopold von Bayern, konnte man dort treffen.

AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring, 9. - 11. August 2019. Prinz Leopold von Bayern (links) mit dem Schweizer Jürg Dürig, der mit seinem BMW 635 Gruppe 2 startete.
AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring, 9. – 11. August 2019. Prinz Leopold von Bayern (links) mit dem Schweizer Jürg Dürig, der mit seinem BMW 635 Gruppe 2 startete.

Den 53’500 angereisten Zuschauern wurde also viel geboten. Das gesamte Wochenende, die beeindruckenden Starterfelder voller historisch wertvoller Fahrzeuge und das überaus positive Feedback der Teilnehmer bestätigten die Veranstalter auch diesmal in ihrer Arbeit. „Der AvD-Oldtimer-Grand-Prix ist unsere Highlight-Veranstaltung des historischen Motorsports, an der wir das ganze Jahr hart arbeiten“, fasst AvD-Präsident Ludwig Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg zusammen. „Uns ist wichtig, den Besuchern ein immer wieder abwechslungsreiches Programm zu bieten – und das seit 47 Jahren. Wir freuen uns, dass wir auch in diesem Jahr mit zwei Rennserien der Fahrergemeinschaft Historischer Rennsport (FHR) wieder neue Akzente setzen konnten.“ Beim Geschehen auf der Strecke spielte in diesem Jahr auch das typische Nürburgring-Wetter eine prominente Rolle. Nach wechselhafter Witterung in den Trainings am Freitag entwickelte sich das Wetter am Rennsamstag zunehmend freundlich – und sorgte damit für zusätzliche Würze. Denn auf der feuchten Strecke im Qualifying waren vielfach die leichteren und agileren Rennwagen-Klassiker im Vorteil, während in den Rennen unter trockenen Bedingungen die leistungsstärkeren Boliden ihre Stärken ausspielen konnten. Den Zuschauern boten sich somit spannende Rennläufe mit vielen Positionskämpfen. Höhepunkt auch in diesem Jahr: das Abendrennen der Sportwagen aus den 50er-Jahren. Bei diesem Lauf zeigte sich nicht nur die Eifel im Abendrot von ihrer schönsten Seite, sondern die seltenen und legendären zweisitzigen GT und Sportwagen bis 1960/61 im Wortsinn in bestem Licht. Am Ende hatte im Feld mit Bizzarrini, Lister Knobbly, Porsche RSK 917 und anderen Automobillegenden ein Lotus 15 von 1960 die Nase vorne: Der Schweizer Michael Gans gewann den Lauf vor Mark Lewis / Julian Majzub (beide BGR, Lister Chevrolet Knobbly von 1959). „In diesem Moment wird der Spirit dieser Veranstaltung besonders greifbar“, kommentiert AvD-Präsident Fürst Löwenstein. „Wenn diese tollen Sportwagen in der Abenddämmerung das Ziel erreichen und mit einem Feuerwerk empfangen werden, ist das ein schöner Abschluss des ersten Renntages und ein besonderes Highlight des ganzen Wochenendes.“ Ein weiterer Schweizer konnte mit zwei zweiten Plätzen ebenfalls einen tollen Erfolg feiern, es ist Bruno Weibel mit seinem roten Lotus 22. Seine Frau Diana hat dazu einen Bericht verfasst.

Bruno Weibel am Nürburgring, August 2019
Bruno Weibel im Lotus 22 im Yokohama-S auf dem Nürburgring, August 2019

Wir wollen hier nicht weiter auf die Ergebnisse eingehen, die kann man direkt auf der Website des Veranstalters nachlesen. Die Aktivitäten auf der Strecke waren sicher der Höhepunkt des Events, aber wie oben beschrieben, gab es auf dem riesigen Areal unzählige weitere Attraktionen. Einen Besuch des alten – oder historischen – Fahrerlagers lohnt sich immer, vor allem für die Freunde der Vorkriegswagen. In den Boxen gab es manche Rarität zu entdecken. Für uns als Berichterstatter und Fotografen ist uns eine grosse Holzkiste aufgefallen. Schnell stellten wir fest, dass es sich dabei um eine Kamera handelt. Sie heisst Polaroid 20 x 24 und macht Sofortbilder im Format 50 x 60cm. Es ist die einzige sich noch im Einsatz befindende Kamera ausserhalb der USA. Die damit gemachten Bilder sind absolute Unikate, denn die Bilder können weder reproduziert noch ein zweites Mal ausgedruckt werden. Man hat quasi ein fotografisches Gemälde. Das hat natürlich seinen Preis. Wer sich für diese spezielle Art der Fotografie interessiert, findet hier alle Infos. Aber zurück zu den Autos. Neben den verschiedenen Rennläufen führte das Magazin Motor-Klassik am Samstag und Sonntag einen Leser-Corso auf der Nordschleife durch. Auch viele Clubs zeigten ihre Fahrzeuge. Skoda feiert dieses Jahr den 60. Geburtstag des Modells Octavia und aus aktuellem Anlass zeigte die zu Volkswagen gehörende Marke eine breite Modellpalette auf der Strecke. Das waren natürlich keine Rennläufe, die Zuschauer sollten vielmehr die Vielfalt dieser Marke sehen. Neben normalen Modellen waren zahlreiche Rennfahrzeuge zu bewundern, wie der 1974 in nur 2 Exemplaren gebaute Typ 200 RS, aus dem später das Modell 130 RS entstand. Auch wenn es keine Zeitnahme gab, die Fahrer gaben trotzdem mächtig Gas.

AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring, 9. – 11. August 2019. Der Skoda 200 RS, ein schnittiges Coupé, 1974 in zwei Exemplaren gebaut. Gegenüber dem späteren Serienmodell hat dieser Prototyp ein niedrigeres Dach.

Am Start waren rund 500 Fahrzeuge in einer Vielfalt, die keine Wünsche offen lässt. Einzig Motorräder fehlten gänzlich, es war also ein Event ausschliesslich für vierrädrige Fahrzeuge. Ausnahmen wären etwa die Morgan Three Wheeler oder der Tyrrell P34 mit 6 Rädern, wie er beim GP von Spanien 1976 erstmals zum Einsatz kam. Die 4 kleinen 10-Zoll Räder an den beiden Vorderachsen sollten den Luftwiderstand reduzieren. Als Besonderheit waren beide Vorderachsen gelenkt. Dieses Jahr war keiner dieser kuriosen Rennwagen am Start, aber andere Leckerbissen aus vergangenen Formel 1-Tagen. Arturo Merzario, der ‘Lebensretter’ von Niki Lauda bei dessen Unfall auf dem Nürburgring 1976, damals noch auf der Nordschleife, war mit einem Alfa Romeo GTA am Start und auch ein ehemaliges Formel 1-Fahrzeug seines damaligen Rennstalls, ein Typ F1A3, war auf der Strecke zu bestaunen. Diese Fahrzeuge entstanden in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre und wurden in insgesamt 38 Rennen eingesetzt, leider erfolglos. Das erste Rennen war der Grand Prix in Spanien 1977. Arturo Merzario fand damals keinen Rennstall und so entschied er sich, ein eigenes Team aufzubauen. Arturo trifft man an vielen Events im historischen Motorsports und dass auch ein ehemaliges Fahrzeug seines Teams noch aktiv bewegt wird, ist schön.

Merzario, F1A3, 1979
Der Merzario F1A3 am 47. AvD Oldtimer Grand Prix 2019 auf dem Nürburgring, gefahren von Bruno Ferrari

Im Gegensatz zu Arturo Merzario nutzten viele andere Fahrer am Nürburgring die Gelegenheit, ein Fahrzeug aus der eigenen Vergangenheit zu pilotieren. Besonders bei den Fahrzeugen aus DTM, STW und ITC in der „Tourenwagen Classics“ gaben sich viele Ex-DTM-Piloten die Ehre. Prinz Leopold von Bayern startete – natürlich! – im BMW M3, Klaus Niedzwiedz fuhr beim Revival des legendären Ringshausen-Teams einen Ford Sierra RS500. „Es ist beeindruckend, dass die Resonanz in der breiten Öffentlichkeit so groß ist“, zeigt sich der Dortmunder beeindruckt. „Viele Besucher hier kommen aus meiner Generation, aber ich sehe auch viele jüngere Menschen, die sich für diese Autos interessieren. Der große Vorteil hier ist: Man kommt auch mal ganz nah an die Autos heran – ganz anders als in der DTM oder Formel 1 heute. Und diese Nähe schafft Begeisterung.“ In einem Opel Omega von 1990 war Volker Strycek dabei. Der heutige AvD-Sportpräsident fuhr diesen einst als Werkspilot im Irmscher-Team in der DTM, setzte den Omega später aber auch in der VLN auf dem Nürburgring ein. „Dieses Auto löst sehr viele Emotionen aus“, freute er sich. „Viele Fans kennen es noch von früher.“ Ihm gefiel auch das „Klassentreffen“ der besonderen Art – etwa mit den Ex-DTM-Piloten Armin Hahne, Kris Nissen oder auch Hubert Haupt: „Es sind viele ehemalige Kollegen hier, von denen man manche seit Jahren nicht gesehen hat. Mit ihnen wieder Rennen zu fahren, macht natürlich viel Spaß.“ Kein Wunder, dass es da so manchen in den Fingern kribbelt – wie etwa die ehemalige DRM-Amazone Lili Reisenbichler, die an diesem Wochenende als Gast zum Nürburgring kam. „Das hier ist Motorsport pur – reine Emotion“, war sie beeindruckt. „Diese Autos fahren noch ohne Servo und Software. Wenn es sich machen ließe, würde ich hier am liebsten selber gerne mal ins Lenkrad greifen.“ Auch in anderen Rennen gab es den „Aha-Effekt“, wenn bekannte Piloten im Cockpit saßen: der dreifache Le-Mans-Sieger Marco Werner fuhr etwa einen kleinen Formel-Junior-Lotus ebenso wie einen Acht-Liter-Boliden aus der CanAm. Ex-DTM-Fahrer Harald Becker mischte in einem Arrows A3 im historischen Formel-1-Feld mit und Matthias Kahle, Skoda-Markenbotschafter und siebenfacher deutscher Rallyemeister, trat in der AvD-Tourenwagen und GT-Trophy an. Er fuhr dabei einen kleinen Skoda RS130 – den „Porsche des Ostens“ – und fasste seinen Eindruck so zusammen: „Es ist schon toll, die historischen Rennwagen hier im Fahrerlager oder an der Box zu sehen. Ich finde, dies ist eine der schönsten historischen Oldtimer-Veranstaltungen, weil die Fahrzeuge hier eben auch im Wettbewerb zu erleben sind.“

Skoda RS 130 mit Matthias Kahle
Matthias Kahle im Skoda RS 130 am AvD Oldtimer Grand Prix 2019 auf dem Nürburgring

 Der 47. AvD Oldtimer Grand Prix war ein Event der absoluten Spitzenklasse, perfekt organisiert, da passt einfach alles. Wenn auch das Wetter in der Eifel ab und zu feucht bis nass war, es hat trotzdem eine Menge Spass gemacht und man konnte richtigen Motorsport erleben. Das waren keine Pseudo-Rennen und Demofahrten, hier bietet eine Rennstrecke wie der Nürburgring ganz andere Möglichkeiten, die voll ausgenutzt werden können. Wir empfehlen den AvD Oldtimer Grand Prix wärmstens und raten, gute Kleidung und Schuhwerk mitzunehmen, denn wenn man nicht nur auf der Tribüne sitzen will, kommen im Laufe eines Tages doch etliche Kilometer Fussmarsch zusammen, aber das lohnt sich auf jeden Fall. Die Daten für nächstes Jahr sind noch nicht bekannt, aber man sich schon mal das Wochenende Mitte August vormerken. Alle Infos, Daten und Resultate bekommt man direkt auf der Website des AvD Oldtimer Grand Prix.

2 Gedanken zu „47. AvD OLDTIMER GRAND PRIX auf dem Nürburgring

  1. Hallo Weltenbummler,
    wieder mal klasse Bilder von euch. Habe die Ferrari bilder schon alle im Album. Fotos von der Rennstrecke geben halt schon viel mehr her. Die Fahrzeuqualität war hervorragend mit dem Mix so vieler Marken. Auch der Zustand der Rennautos einfach nur liebevoll bis hervorragend. Die Rennfelder sehr gut besucht. So sollte eine Veranstaltung sein. Hat mir alles sehr gut gefallen.
    SQUADRA BIANCO AZZURRO, Roland Hufschmid, 6024 Hildisrieden

    • Hallo Roland

      ‘Bewegte’ Bilder, d.h. Bilder, auf denen man sieht, dass die Fahrzeuge fahren, finden auch wir attraktiver. Standbilder sind sicher auch OK, aber halt ewtas ‘langweiliger’. Und bereits haben wir den nächsten Event ‘im Kasten’, den 5. Historischen Bergsprint Walzenhausen – Lachen. Wir hoffen, dass bis morgen Abend alles online ist. Bis dann und Dir eine gute Woche.

      Herzliche Grüsse

      Fredi Vollenweider + Team DREAM-CARS.CH

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