Ein Bergrennen, das keines war. So könnte man den Event vom 6. Mai 2018 beschreiben. Zum Jahresbeginn 2018 erfuhren wir von der Idee des 1. Revivals ‘Rievocazione Corsa in salita Chiavenna – Pianazzola’ und wurden gefragt, ob wir Interesse an einer Teilnahme und auch Berichterstattung hätten. Wir sagten natürlich spontan zu. Dann geschah lange nichts, es kamen keine Informationen, ausser einem Programm. Eine eigentliche Anmeldung blieb aus, bis Ende April die Nachricht kam, dass mangels Bewilligung für die Streckensperrung das Rennen nicht stattfinden könne. Das war natürlich eine grosse Enttäuschung, vor allem auch für die Organisatoren, die eine Menge Arbeit hatten. Man wollte das aber nicht einfach so hinnehmen und entschied, statt eines Rennens ein Treffen durchzuführen. Die Schweizer Teilnehmer beschlossen, schon am Samstagabend nach Chiavenna zu fahren. Da die Wetteraussichten hervorragend waren, traf sich eine Gruppe Enthusiasten aus der Lenzerheide am Samstagmorgen in der Garage Meister von Hans Orsatti, um gemeinsam die Reise anzutreten.
Nach einem Espresso ging die Fahrt zuerst nach Maienfeld ins Swiss Heidi Hotel, wo weitere Teilnehmer zur Gruppe stiessen. Nach einem kurzen Kaffeehalt folgte die zweite Etappe nach Nendeln im Fürstentum Liechtenstein zu Dario Pergolini, der dort seine Werkstatt für Renn- und Sportwagen betreibt. Pergolini Motorsport ist ein sehr sauber und top eingerichteter Betrieb, der neben Arbeiten an Fahrzeugen auch die Pergolini Academy betreibt. An einem ultramodernen Fahrsimulator können Rennfahrer trainieren. Es ist imposant, was uns Dario demonstrierte. Es kann eine grosse Anzahl Rennfahrzeuge mit unterschiedlichen Schaltungen und Konfigurationen abgerufen werden, der Entscheid fiel auf einen ca. 20 Jahre alten Formel 1 Ferrari, mit dem Dario in Monaco 4 Runden fuhr. Jede kleinste Bewegung wird sofort auf den Fahrersitz übertragen und dank den 3 grossen Monitoren hat man wirklich das Gefühl, auf einer realen Rennstrecke zu fahren. Auch der Sound ist grandios.
Gefahren wurde danach auch wieder zum nächsten Zwischenstopp. Es ging nach Balgach im unteren Rheintal, wo wir von der Firma Nüesch Weine / Villa Trasqua, einem der Hauptsponsor der Lenzerheide Motor Classics und der Mille Miglia, empfangen wurden. Es waren noch einige weitere Oldtimer-Enthusiasten mit ihren Fahrzeugen anwesend und so gestaltete sich die MIttagspause in Balgach sehr angenehm. Alan Hulsbergen, Verwaltungsrats-Präsident der Emil Nüesch AG, war ebenfalls anwesend, er startet nächste Woche an der Mille Miglia mit einem Bentley aus den Dreissigerjahren. Wir werden ebenfalls wieder nach Italien reisen und über die Mille Miglia berichten. Nach einer feinen Bratwurst und einem Glas Weisswein aus der hervorragenden Weinkellerei, die seit 1834 besteht, machten wir uns auf die Weiterreise Richtung Süden. Geplant war, über den Splügenpass nach Chiavenna zu fahren, zeitlich passte das allerdings nicht, da der Pass nur während kurzen Zeitfenstern geöffnet ist. Als Alternativroute blieb der Julier und der Maloja. Wir erreichten am frühen Abend die Ortschaft Prosto di Piuro kurz vor Chiavenna, wo wir im Hotel Albergo Piuro der Familie Pasini unsere Zimmer bezogen. Zu Fuss ging es dann ins etwa einen Kilometer entfernte Grotto Giovanantoni, wo ein wirklich leckeres Abendessen serviert wurde. Da man ja nicht mehr fahren musste, fielen die Weinflaschen auch etwas grösser aus als sonst.
Zu viel Wein war aber dennoch nicht ratsam, denn am Sonntag war um 7 Uhr Tagwache und es ging anschliessend nach Chiavenna, wo von 08.00 bis 09.00 Uhr die Einschreibung erfolgte. Wir wussten nicht so genau, wie der Tagesablauf vorgesehen war und ablaufen sollte, denn das ursprüngliche Programm war ja nicht mehr gültig. Nach der Registrierung fuhren die rund 60 Teilnehmer auf den Marktplatz von Chiavenna, wo die Fahrzeuge den vielen Zuschauern und Besuchern gezeigt wurden. Gegen 10 Uhr wurde dann zur Fahrt nach Pianazzola, am Nordhang von Chiavenna gelegen, gestartet. Natürlich im normalen Tempo, denn die Strecke war ja nicht gesperrt. Schnell wurde uns klar, dass ein Rennen auf gesperrter Strecke auch nicht möglich wäre, denn der Strassenbelag war derart uneben und mit Schlaglöchern, Rippen und Wellen übersät, dass es wirklich zu gefährlich wäre. Es ist somit also auch künftig nicht mit einer Bewilligung für ein Rennen auf der rund 5,5km langen und oftmals engen Strecke zu rechnen. Vor dem Ortseingang von Pianazzola gibt es einen Wendeplatz, die Fahrzeuge wurden auf der Strasse geparkt und zu Fuss ging es dann auf den Platz vor der Kirche zum Apéro. Vom malerischen kleinen Pianazzola konnte man hinunter auf das über 300 Meter tiefer gelegene Chiavenna blicken – eine fantastische Aussicht. Nach dem Apéro folgte die Rückfahrt nach Chiavenna. Das gab ein grosses Gedränge und es verging viel Zeit, bis alle Fahrzeuge gewendet hatten.
Aber man hatte ja Zeit, Hektik und Stress waren nicht angesagt und gegen 13.00 Uhr waren alle wieder auf dem Marktplatz in Chiavenna versammelt. Und wie das so ist in Italien, da wird nicht nur gefahren, sondern auch für das leibliche Wohl gesorgt. Will heissen, dass es in der Pasticceria Mastai in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes einen weiteren Apéro gab. Es war schliesslich sehr heiss, da verträgt es schon mal ein kühles Bier zwischendurch, denn es dauerte nochmals eine Stunde bis zum Mittagessen. Das fand dann um 14.00 Uhr in der Mehrzweckhalle statt. Die offene Halle war angenehm kühl und man hatte ausgiebig Zeit für angeregte Diskussionen. Nach dem Essen gab es eine Preisverleihung, natürlich nicht für den Schnellsten, dafür für den Schönsten usw. Eine Auszeichnung ging an den Club Lenzerheide Motor Classics für die Teilnahme am Treffen. Stellvertretend durfte Cla Capitani die Auszeichnung entgegennehmen. Cla leidet an einer unheilbaren Krankheit und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Er freute sich riesig. Wer mehr über Cla erfahren möchte, kann sich auf dieser Webseite informieren.
Ein weiterer Schweizer durfte einen Pokal entgegennehmen und erst noch den grössten. Vereinspräsident der Lenzerheide Motor Classics, Andy Demuth, erhielt für seinen Jaguar E-Type in klassischem British Racing Green den ersten Preis. Wir gratulieren den Gewinnern ganz herzlich. Wir liessen den Nachmittag gemütlich ausklingen und werden das erste ‘Bergrennen Chiavenna – Pianazzola’, das schlussendlich ein Treffen war, trotzdem in bester Erinnerung behalten. Warten wir ab, was die Zukunft bringen wird, mit anderen Worten, Wunder gibt es immer wieder oder die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir werden jedenfalls interessiert beobachten und informieren, wenn es Neuigkeiten geben sollte.