Am Wochenende vom 21./22. Juli 2019 fand in Stuttgart-Leonberg wieder das Solitude Revival statt. Organisiert wird dieser Event vom 2001 gegründeten Verein Solitude Revival e.V., der rund 160 Mitglieder zählt. Aus der Idee, auf dem Solitude-Kurs wieder einen Motorsportevent ins Leben zu rufen, wurde 2011 Wirklichkeit und der Rundkurs, wie damals 1965, konnte mit einer Ausnahme reaktiviert werden. Die Ausnahme ist die Kurve bei Dreispitz, 3,2 Kilometer nach dem Start. Diese Kurve wurde früher anders gefahren, weshalb die Strecke auch 200 Meter kürzer war. Seit 2011 findet das Solitude Revival alle 2 Jahre statt. Die Solitude ist eine Rundstrecke, auf welcher Rennen bis 1965 gefahren wurden. Das erste Rennen hinauf zum Schloss Solitude fand bereits 1903 statt und bis 1924 wurden Bergrennen gefahren. Das erste Rundstreckenrennen um den Stuttgarter Wildpark Solitude gab es 1925, die Streckenlänge war damals noch rund 22 km. Die Strecke wurde mehrmals geändert und 1961, als das erste Formel 1-Rennen ausgetragen wurde, war die Strecke kürzer, aber immer noch rund 11,5 km lang. Der 11,7 km lange Rundkurs präsentiert sich heute, bis auf eine neue spektakuläre Kurve am Dreispitz, seit damals nahezu unverändert. Immer noch existieren die überhöhten Kurven bei Hedersbach und Schatten. 26 Links- und 19 Rechtskurven sorgen bei einem Höhenunterschied von fast 130 Metern für ein einzigartiges Fahrerlebnis. Das Solitude Revival ist kein Rennen mit Zeitmessung mehr sondern eine Veranstaltung zur Demonstration historischer Renn- und Straßenfahrzeuge. Mit dabei waren unter anderem Rennmotorräder und Rennmotorradgespanne bis 1979, Renn- und Sportwagen bis 1947, Rennsportwagen und Prototypen von 1948 bis 1979, GT- und Renntourenwagen von 1948 bis 1979 sowie Formel-Rennwagen von 1948 bis 1976. Also eine bunte Mischung mit vielen wirklich hochkarätigen Fahrzeugen, wie dem Porsche 917.
Heimspiel für Porsche: Beim Solitude Revival schickte das Porsche Museum für einige Demonstrationsrunden legendäre Rennwagen auf den abgesperrten Kurs, der nur 15 Kilometer südwestlich vom Stammwerk in Zuffenhausen entfernt liegt. Am Start waren unter anderem ein 550 A Spyder aus dem Jahr 1956, mit dem Hans Hermann im gleichen Jahr die „Solitude“ bestritt, sowie der 356 B Carrera GTL Abarth (1961), den Rallyelegende Walter Röhrl pilotieren wird. Der 718 Formel 2 von 1960, der an das erste Formel-Rennen auf der „Solitude“ erinnert, fuhr ebenfalls auf dem Ring. Mit diesem Rennwagen belegte John Surtees beim „Großen Preis der Solitude“ 1960 den zweiten Platz. Zwei Jahre später hat hier Dan Gurney das Formel 1 Rennen im Porsche 804 (1962) gewonnen. Beim „Solitude Revival“ präsentiert ihn Neel Jani, Le-Mans-Sieger von 2016. Janis früherer Teamkollege Marc Lieb steuert ebenso wie Motorsportikone Hans-Joachim Stuck den 917 KH in Gulf-Farben von 1970. Auch das Fahrerlager war höchst attraktiv und ein Besuch absolut lohnenswert. Wer die früheren und heutigen Porsche-Rennfahrer einmal hautnah erleben wollte, hatte im Zelt des Porsche Museums die größten Chancen. Neben dem ehemaligen Porsche-Werksfahrer Herbert Linge, dem zu Ehren ein Sonderlauf der „Solitude Revival” seinen Namen trägt, war auch Rennlegende Hans Herrmann anwesend. Ein Jubiläum feiert bei dieser Gelegenheit Eberhard Mahle: Vor 60 Jahren startete der Rennfahrer hier mit drei verschiedenen Autos. Von den drei Rennen hatte er zwei gewonnen. Mit den beiden ehemaligen Porsche-Ingenieuren Günter Steckkönig und Hans Clausecker können die Besucherinnen und Besucher ebenfalls ins Gespräch kommen. Leider beklagten sich die ehemaligen Porsche-Werksfahrer der älteren Generation, dass sie ganz kurzfristig von Porsche eine Absage erhalten hatten und nicht wie geplant mit den vorgesehenen Fahrzeugen fahren durften. Dies offenbar aus versicherungstechnischen Gründen. Eberhard Mahle, bekannt von Mahle-Kolben, ist mit seinem Unternehmen seit Jahrzehnten in Stuttgart ansässig und er selber wohnt in Leonberg. Sogar eine Tribüne in der Linkskurve nach Glemseck wurde nach ihm benannt. Er war schon sehr enttäuscht über dieses Vorgehen. Er fuhr dann in einem 911er Porsche, der ihm zur Verfügung gestellt wurde.
Der Event begann eigentlich schon am Freitag mit dem Bezug des Fahrerlagers und der technischen Wagenabnahme. Am Freitagabend gab es im grossen Zelt der MOTORWORLD eine Abendparty, wo man viele Möglichkeiten hatte für interessante Gespräche. Richtig los ging es aber dann am Samstagvormittag um 08.30 Uhr mit der Fahrerbesprechung. Um 09.00 Uhr wurde zum ersten Lauf mit den Prototypen und Formel-Fahrzeugen gestartet. Die zweite Gruppe waren die Vorkriegsfahrzeuge, dann die GT Fahrzeuge, Motorräder, darunter sehr viele Gespanne und jeweils am Schluss vor der Mittagspause gab es einen Sonderlauf zu Ehren von Herbert Linge. Herbert Linge, 1928 geboren, stand sein Leben lang im Dienste von Porsche, er war einer der ersten Lehrlinge im Unternehmen, das noch während des Krieges im Jahr 1943. Später war er maßgeblich am Aufbau des Porsche-Kundendienstnetzes im Ausland, besonders in den USA, beteiligt. Im Film-Klassiker ‘Le Mans’ mit Steve McQueen doubelte Herbert Linge diesen. Der Porsche Cup sowie die ONS-Sicherheitsstaffel, bei der Sportwagen mit Feuerlöschgeräten ausgerüstet wurden, um Ärzte und Helfer schneller an ein Unfallfahrzeug zu bringen, basieren auf der Idee von Herbert Linge, dem dafür 1982 das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde. Drei ehemalige Fahrzeuge der ONS-Sicherheitsstaffel waren auch am Solitude Revival 2019 im Einsatz, ein Porsche 928, ein Porsche 914/6 GT sowie ein Ford Capri. Der Porsche 914/6 war jeweils Schlussfahrzeug einer Fahrzeuggruppe.
Gefahren wurden jeweils zwei Runden, manchmal auch drei. Danach fuhren die Fahrzeuge wieder ins Fahrerlager und die nächste Gruppe machte sich bereit, das nimmt an der Solitude leider relativ viel Zeit in Anspruch, da die Zufahrt ins Fahrerlager recht lang ist und durch eine enge Unterführung unter der Rennstrecke führt. Befindet man sich im weitläufigen Fahrerlager können die Pausen von manchmal einer halben Stunde und länger für einen Imbiss oder Gespräche genutzt werden, steht man allerdings etwas weiter entfernt an der Strecke empfindet man die Unterbrüche als sehr lange. Zudem ist ein Rennfeld nach 1 – 2 Minuten vorbeigefahren und dann dauert es eben wegen der Streckenlänge von knapp 12 Kilometern wieder ein paar Minuten bis zur nächsten Vorbeifahrt. Muss dann noch ein Pannenfahrzeug geborgen werden, kommt schon richtig Langeweile auf. Zudem fehlte beim Glemseck die Passerelle über die Strecke und die Zuschauer, die ins Fahrerlager wollten, drängten sich die längste Zeit vor den verschlossenen Gittern, die auch 10 Minuten nach Durchfahrt des Schlussfahrzeuges noch nicht geöffnet wurden. Das führt zu Unmut und Unzufriedenheit bei den Zuschauern und Besuchern und wir als Fotografen verloren immer wieder sehr viel Zeit mit den Verschiebungen an einen anderen Ort. Ohne die Details oder Gründe zu kennen wünscht man sich doch einen optimaleren Zeitplan und einen etwas zügigeren Ablauf. Im Fahrerlager war die Organisation perfekt und Walter Gigli hatte in seinem ‘Revier’, dem Fahrerlager der Formel-Fahrzeuge, immer alles im Griff. Vor zwei Jahren liessen wir uns von einem der raren Presse-Shuttle in die Doppelkurve beim Schatten fahren, kamen dann aber sehr lange nicht mehr von dort weg. Dieses Jahr begaben wir uns in die lange und steile Kurve bei Hedersbach, wo auch das Licht bei Sonnenschein bis gegen Mittag perfekt ist. So konnten wir wenigstens zu Fuss an die entsprechenden Standorte gelangen. Man muss sich manchmal auch selber zu helfen wissen und als akkreditierte Fotografen hatten wir das Privileg, an Orten zu fotografieren, die für die Zuschauer gesperrt sind. Bei Hedersbach gibt es vor allem von den Motorrad-Gespannen spektakuläre Bilder.
Auch wenn es ab und zu ruhiger war an der Strecke, es wurde dennoch sehr viel geboten auf dem gesamten Areal und bei den 430 teilnehmenden Fahrzeugen gab es wirklich viele Raritäten. Einer der Publikumslieblinge war sicher der Porsche 917 KH. KH steht für Kurzheck und dieser Wagen mit der Chassis-Nummer 917 015/035 gewann 1971 den Weltmeisterschaftslauf in Spa, wurde in Buenos Aires Zweiter und in Watkins Glen Dritter. Dann war Schluss, nach einem letzten Einsatz in den USA im Juli 1971 wurde dieser 917er als ‘Renntaxi’ für Gäste von Porsche verwendet. Seit 2009 gehört diese Ikone des Motorsports zur Sammlung von Porsche. Interessant waren auch die Formel-Fahrzeuge und die wohl eindrücklichsten Fahrzeugen waren die riesigen American La France, von denen 5 Fahrzeuge antraten. Die ehemaligen Feuerwehr-Mannschaftswagen haben 4- und 6-Zylinder Motoren mit Hubräumen von 10,5 und 14,5 Litern. Die Fahrzeuge haben ein gewaltiges Drehmoment und man muss ordentlich zupacken um diese Monster flott zu bewegen, vor allem in den Kurven. Ein kurioses Gefährt konnte man bei den Motorrädern BEObachten, nämlich das BEO GP Sidecar. Eigentlich ein Motorrad mit Seitenwagen, bei dem der Beifahrer, auch genannt ‘Plampi’, sonst mit wilden Bewegungen das Gleichgewicht suchend, ganz brav neben dem Fahrer sitzt. Damals, 1978, im ersten Einsatzjahr des BEO, war Rolf Biland der Fahrer und Kenny Williams der Beifahrer. Ende der Saison konnten sie ihren ersten Weltmeistertitel feiern. Für den BEO war die Karriere wegen einer Reglementsänderung allerdings zu Ende, Rolf Biland konnte zusammen mit Beifahrer Kurt Waltisberg weitere 6 Weltmeistertitel feiern. Das Gespann sowie viele weitere mit denen Biland/Waltisperg Erfolge feiern konnten, gehört heute dem Sammler Franz Heini, der seine Raritäten nicht einfach ausstellt sondern auch bewegt und er selber auch gleich die Aufgabe des Plampi übernimmt.
Am Solitude Revival gab es also nicht nur Raritäten auf zwei, drei und vier Rädern zu bewundern, auch sehr viel Prominenz war anwesend und das Schöne ist, es waren keine hochnäsigen ‘Schickimicki-Promis’, die abgeschirmt und sich von Bodyguards umringt präsentierten. Nein, es waren ehemalige und aktive Rennfahrer, mit denen man auch reden kann und darf und manch einer kann Geschichten erzählen, über die man nur schmunzeln kann. Die Liste ist lang, anwesend waren Jochen Mass (links), Hans-Joachim Stuck, Walter Röhrl, Hans Herrmann (links), Eberhard Mahle (ganz rechts), Arturo Merzario, Herbert Linge, Kurt Ahrens, Jim Redman (Mitte), Rudi Seher, Neel Jani, Stephane Ortelli (Mitte), Gerhard Mitter (links) André Lotterer (rechts), Roland Asch, Kurt Brixner (rechts) und Volker Strycek (links). Strycek gewann im Jahr 1984 auf einem BMW 635 CSi die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM, damals noch Deutsche Produktionswagen-Meisterschaft), ohne dabei einen Laufsieg zu erzielen. Da war also auch abseits der Strecke immer viel los und zu den Autogrammstunden versammelte sich jeweils eine grosse Menschenmenge vor dem Zelt. Hier noch eine kleine Geschichte. Ela Lehmann brachte für Walter Röhrl extra eine grosse Schweizer Schokolade mit. Die wurde von Walter gleich hastig geöffnet und getestet. Zum ‘Schrecken’ seiner Kollegen, gab er ihnen aber nichts ab, alle lachten. Die beiden Speaker, Elio Crestani und Siegfried Schlüter (Bild links Siegfried Schlüter, in der Mitte Herbert Linge, rechts Elio Crestani) führten mit vielen ehemaligen Rennfahrern Interviews und die Besucher wurden immer kompetent mit Informationen zu den einzelnen Fahrzeugen und Fahrern versorgt. Auch wenn die Pausen zwischen den Läufen etwas lang waren, konnte man die Zeit wirklich gut nutzen für Gespräche. Zudem gab es an zahlreichen Orten Verpflegungsmöglichkeiten. Erst am Sonntagabend versiegten die Bierquellen, sehr zur Freude der Catering-Betreiber, denn das sehr heisse Wetter veranlasste doch den einen oder anderen der 12’000 Besucher, einen Becher mehr als üblich zu konsumieren und so stimmten denn die Umsätze, getreu dem Motto: Bierfass leer, Kasse voll. So muss das sein. Auch wir Medienvertreter waren bestens versorgt und betreut, danke Hubert Kogel, dem Organisationsteam unter der Leitung von Uwe Schiefer und Thomas Itte (auf dem Motorrad sitzend) sowie Hans-Peter Koch (ganz rechts) 1. Vorsitzender Solitude Revival e.V. und allen anderen, die zu diesem tollen Event beigetragen haben. Wir freuen uns auf 2021 und sagen nochmals danke. Weitere Informationen gibt es auf der Website des Veranstalters https://solitude-revival.org/
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Hallo Paparazzi Team,
wieder einmal klasse Bilder. Mir haben es vor allem die Fotos mit Arturo Merzario angetan. Einfach ein “super cooler Italo-Racer”. Der Typ könnte eigentlich nur noch im Rennoverall herumreisen. Benzin im Blut und Oil in der “Gasferse” zeichnen Arturo aus. Der mega sympatische Italiener verkörpert noch die zugängliche, alte Fahrergeneration.Auch Röhrl ,Mass oder Stuck sind sich nicht zu schade hunderte Autogramme und immer wieder Selfis mit ihren Fans zu “erarbeiten”. Solche Typen liegen mir am Herzen und die bewundere ich. Auch eure Truppe die mir immer wieder solche Momente in die gute Stube bringt. Ganz besonders hat mir das Bild mit den zwei Ferrari “Shark Nose” und dem “Kleinen” auf dem Weg zum Ausritt gefallen. Solche Schnappschüsse findet man immer wieder nur bei Dream-Cars! Benzingetränkte Grüsse vom Berg.
SQUADRA BIANCO AZZURRO, Roland Hufschmid, 6024 Hildisrieden
Hallo Roland
Ja, Arturo ist wirklich ein cooler Typ, völlig normal, keine Starallüren, einfach nett. Das Solitude Revival war ein wirklich toller Event. Morgen fahren wir los nach Einbeck zum PS.SPEICHER, dann von dort an die Classic Days auf Schloss Dyck und wieder ein paar Tage später geht es weiter an den Nürburgring. Arturo und viele andere werden auch wieder dort sein und für gute Stimmung sorgen. Bis dann und Dir noch einen schönen Abend.
Herzliche Grüsse
Fredi Vollenweider und Team DREAM-CARS.CH
Super Bericht und ganz tolle Fotos. Danke Fredi für die Highlights des diesjährigen Solitude Revivals.
Vielen Dank für das Kompliment und Dir noch eine gute Woche.
Herzliche Grüsse
Fredi, Ela und Team DREAM-CARS.CH
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