In Zell am See wurde bis 1973 auf dem damals noch zugefrorenen See Motorsport vom Feinsten betrieben. Dann wurde es ruhiger – und auch wärmer – das immer dünnere Eis liess einen Event nicht mehr zu. 2019 fand dann erstmals wieder ein ähnlicher Event statt auf dem Gelände des alten Flugplatzes, wir haben darüber berichtet. Mit einem enormen Aufwand wurde schon im Dezember des Vorjahres begonnen, die Eispiste zu präparieren. Dann kam einige Tage vor dem Event am 19. und 20. Januar 2019 der grosse Schnee und die Region um Zell am See ging förmlich in der weissen Pracht unter. Die Schneemengen mussten wieder beiseite geschafft werden, damit der Event ohne Probleme durchgeführt werden konnte. Ganz anders dieses Jahr. Bis Ende Januar lag kaum Schnee, es war aber kalt, dass die Piste dennoch unter guten Voraussetzungen hergerichtet werden konnte. In der Woche vor dem Event gab es sogar Neuschnee, der für die passende Optik sorgte. Die Wettervorhersage sagte aber Regen und Temperaturen von deutlich über 10 Grad voraus, leider über Null und nicht darunter. Die Freude auf den Event war aber dennoch sehr gross, im Vorfeld las man in den Social Media von vielen interessanten Fahrzeugen, die teilnehmen sollten. Am Freitag war es tatsächlich recht mild und es wurde noch heftig an der Piste gearbeitet. Wir nutzten den Abend zusammen mit Freunden für ein gemeinsames Nachtessen im Verwöhnhotel Vötters Sportkristall in Kaprun. Verwöhnen lassen haben wir uns aber nur am Tisch, danach zeigte uns Helmuth Vötter seine grosse Oldtimersammlung in den Untergeschossen des Hotels. Hier bekommt man einen Eindruck dieser aussergewöhnlichen Sammlung, www.oldtimer-museum.at.
Nachtruhe war dann erst deutlich nach Mitternacht und wir waren gespannt auf den Samstag. Schon am Freitagabend lag dichter Nebel über der Region, das war dann auch Samstag so. Die Sonne kämpfte tapfer, schaffte es aber erst am späteren Nachmittag, die Menschen mit ein paar wärmenden Sonnenstrahlen zu verwöhnen. Das Festgelände wurde um 11.00 Uhr geöffnet und gegen 12.00 Uhr konnte man noch immer eine lange Schlange vor der Kasse beobachten. Laut Veranstalter kamen weit über 15’000 Besucher zum Spektakel nach Zell am See. Ein toller Erfolg, auch wenn diese gewaltige Menschenmenge natürlich das eine oder andere Problemchen mit sich brachte. Dafür wurde man mit einer herrlichen Zuschauerkulisse entschädigt und die Stimmung war einfach toll. Im Vergleich zum Vorjahr war der Aufwand für diesen Event nochmals grösser und die Piste war trotz der äusserst ungünstiger Witterungsverhältnisse in perfektem Zustand, zumindest am Samstag, später zeigten sich dann doch grössere Verschleisserscheinungen und die Bahn mutierte zu einer regelrechten Buckelpiste. Für die Autos soweit kein Problem, beim Skijöring kamen dann doch einige Skifahrer zu Fall, aber alles verlief ohne Blessuren. Sogar ein Skoda, der ganz zum Schluss in die Streckenbegrenzung fuhr, hochstieg und nach einer halben Rolle seitwärts auf der Fahrerseite liegenblieb, blieb nahezu unbeschädigt. Die gefrorenen Schneemauern entlang der Strecke waren teilweise hart wie Beton, das musste auch ein Fahrer mit seinem Audi TT feststellen, es entstand ein doch erheblicher Schaden am Fahrzeug.
Zell am See ist quasi die Heimat von Porsche, der Mitorganisator, Ferdinand Porsche, Urenkel von Dr. ing. h.c. Ferdinand Porsche, ist ein direkter Nachkomme und so erstaunt es nicht, dass das GP Ice Race ‚porschelastig‘ ist. Das stört aber nicht, im Gegenteil, man spürt die Professionalität. Während des Events und auch in den Social Medias hörte man da und dort, der Event sei zu kommerziell, da gehe es nur ums Geldverdienen. Das ist sicher so, ist aber auch nicht verboten. Zudem bietet ein Rennevent dieser Art auch anderen Firmen eine ideale Werbeplattform und die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Es wurden denn auch verschiedene Interviews während den Rennläufen mit diesen Partnern geführt, so blieben leider viele Fahrten unkommentiert und es gab keine Informationen zu den Fahrzeugen und Fahrern, die gerade auf der Strecke waren. Da wären die Zeiten während des Bahndienstes geeigneter gewesen für diese Gespräche. Gestartet wurde in verschiedenen Klassen und Kategorien, es gab auch Showläufe und Taxifahrten. Begonnen wurde jede Klasse mit der Qualifikation, es galt, zwei Runden hintereinander so schnell wie möglich zu fahren. Die Besten kamen ins Finale, für die anderen Teilnehmer war der Tag gelaufen. Zum Schluss des Tages fanden dann unter den besten vier Teilnehmern einer Kategorie die Läufe um die 3 besten Plätze statt. Das GP Ice Race ist kein eigentlicher Oldtimerevent, aber es gibt eine eigene Klasse mit immerhin etwa 40 Fahrzeugen. Durch die etlichen Verzögerungen im Zeitplan startete diese Klasse am Samstag erstmals, als es bereits dunkel war. Für alle, die nicht auch in der Klasse Skijöring starteten, war der Aufwand für die lediglich ca. 2 Minuten auf dem Eis beträchtlich, vor allem für die Teilnehmer mit einem langen Anfahrtsweg.
Die Vielfalt an Fahrzeugen war enorm gross und es gab für jeden Geschmack etwas. Neben den modernen Rallyfahrzeugen von Skoda gab es viele Porsche in den unterschiedlichsten Ausführungen, Buggies, Motorradgespanne, einen Formel E-Rennwagen, einen NASCAR-Rennwagen und sogar ein eigens für diesen Event präpariertes DTM-Auto von Audi. Eines der Highlights aber war sicher der March Formel 1, mit dem Hans-Joachim Stuck 1974 in der Formel 1 debütierte. Für das GP Ice Race wurde der Wagen in der orangen Jägermeister-Lackierung extra angepasst und mit Spikes-Reifen versehen, hinten sogar mit Doppelbereifung. ‚Strietzel‘ Stuck, der auch Schirmherr des GP Ice Race ist, pilotierte also ’seinen‘ ehemaligen Einsatzwagen in der Formel 1 über die Strecke. Am Samstag verhinderte ein Elektrikdefekt den Start, aber am Sonntag klappte es dann. Wir wollen in diesem Bericht weiter auf die Klassiker eingehen, denn da gab es wirklich einige Spezialitäten und Raritäten, die man selten sieht. Volkswagen brachte einen sogenannten Salzburgkäfer mit nach Zell am See. Diese VW Käfer wurden zu Beginn der Siebzigerjahre bei Volkswagen Porsche Austria an der Alpenstrasse 175 gebaut. Etwa 50 Fahrzeuge entstanden, aber nur wenige haben überlebt. Die Geschichte zu diesen Fahrzeuge kann man auf der eigenen Website nachlesen, www.salzburgkaefer.at. Bleiben wir bei Volkswagen, denn davon bzw. mit deren Technik gab es noch weitere Leckerbissen. Da war der silberne OKRASA Special von 1958. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Dipl. Ing. Gerhard Oettinger sein Unternehmen. OKRASA steht für Oettinger Kraftfahrtechnische Spezial Anstalt. Angeboten wird bis heute qualitativ hochstehendes Zubehör für luftgekühlte VW-Motoren. Ein ganz besonderes Fahrzeug brachte Michael Barbach ans GP Ice Race, den legendären Berlin-Rom-Wagen, der 1939 für diese Fernfahrt in 3 Exemplaren gebaut wurde. In der Startliste wird das Fahrzeug als Porsche Typ 64K10 aufgeführt, aber eigentlich ist die genaue Bezeichnung Volkswagen Typ 60 K10. Entwickelt wurde der Wagen damals im Konstruktionsbüro von Ferdinand Porsche. Das einzig überlebende Original, einst im Besitz von Otto Mathé, wurde vor gut 10 Jahren mit Teilen des 2. Fahrzeuges restauriert und bei dieser Gelegenheit baute der Restaurator, Michael Barbach, eine ‚Recreation‘, welche er nach Zell am See brachte. Ein aufregendes Fahrzeug mit eigenwilliger Stromlinienkarosserie. Das Originalfahrzeug wurde übrigens letzten Sommer an einer Auktion angeboten, aber nicht verkauft. Zwei ganz spezielle Autos waren ebenfalls zu bewundern, zwei Hartmann Formel-Junior Rennwagen, eines davon aus der Scuderia Hartmann aus Berchtesgaden. Das eine Fahrzeug mit den Spikes-Reifen wurde früher von Heinrich Maltz gefahren und erzielte viele tolle Erfolge an den damaligen Eisrennen in Zell am See. Joachim Althammer, Organisator des Rossfeldrennens in Berchtesgaden, brachte das Fahrzeug nach Zell am See. Hier im Bild mit Ela Lehmann.
Neben vielen aufregenden Fahrzeugen war wie schon letztes Jahr viel Prominenz anwesend. Da von den Autos auf der Strecke beim Skijöring auch wagemutige Skifahrer gezogen wurden, kamen auch aus dieser Sparte einige Persönlichkeiten zum Event. In den Fahrzeugen waren René Ruch, Christian Abt, der Skifahrer Marcel Hirscher und der Schweizer Neel Jani am Lenkrad, um nur einige zu nennen. Die zwei Tage waren schnell vorbei und es ist den Organisatoren mit ihren vielen Helfern wieder gelungen, einen Top-Event auf die Beine zu stellen. Organisatorisch gibt es noch Luft nach oben, das gibt es aber praktisch an jedem Event. Letztes Jahr sagte Ferdinand Porsche zu uns, dass es ihn aussergewöhnlich freue, so viele junge Leute zu sehen. Das war auch dieses Jahr so und manch einer dürfte sich ebenfalls darüber freuen. Man muss dazu aber sagen, dass aus Sicht der Oldtimerenthusiasten diese Situation etwas differenzierter betrachtet werden muss. Das Publikum am GP Ice Race dürfte sich primär über den modernen Rennsport und das Spektakel insgesamt gefreut haben. Als wir am Samstagabend kurz vor Ende der letzten Rennen entlang der Strecke gingen, sah es aus wie nach einem Bombenanschlag, hunderte Bierflaschen, Dosen, Becher und sonstiger Müll lag im Schnee. Mülltonnen gab es genügend, vielleicht hätten die öfters geleert werden müssen, wir wissen es nicht. Da scheint bei den jungen Leuten der Spass grösser gewesen zu sein als der Anstand, oder die Eltern haben bei der Erziehung andere Prioritäten gesetzt. Eine Lösung dieses Problem wäre vielleicht ein Flaschen- und Dosenpfand. Aus unserer Sicht als Fotografen hat sich die Situation enorm verbessert, mit den in ausreichender Anzahl verfügbaren Westen konnte man auch aus dem Innenfeld heraus fotografieren, auch wenn es wieder die elenden und unnötigen Diskussionen mit dem Security-Personal bezüglich Zutritt gab. Hier wären klärende Informationen durchaus sinnvoll. Aber es hat Spass gemacht, man hat viele Leute getroffen, viele, die ebenfalls anwesend waren, leider nicht, aber bei der Menschenmenge auch nicht verwunderlich. Einen herzlichen Dank an alle, die am Gelingen dieses Events mitgewirkt haben. Weitere Informationen zum Event gibt es auf der Website des Veranstalters.
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Bildergalerie Samstag/Sonntag
Vielen Dank für den umfassenden und informativen Bericht von diesem Event. Ich war selbst anwesend und kann Eure Eindrücke voll und ganz bestätigen.
Ich hoffe, dass diese Veranstaltung ein Oldtimerevent bleibt und nicht zu einem Neuzeit- / Elektroauto- / Firmen-Marketingevent mutiert. Das wäre schade.
Grüße aus dem Black Forest
Juergen
Hallo Juergen
Danke für Deinen Kommentar. Leider wird sich dieser Event in diese Richtung bewegen. Nächstes Jahr soll das grössere Gelände nebenan genutzt werden können, aber grösser heisst nicht auch besser. Die Elektrofahrzeuge und Taxifahrten gab es letztes Jahr auch noch nicht und das ist schade, denn so kommen die, die Startgeld bezahlt haben, noch weniger zum Fahren. Ich würde niemals teilnehmen, da wäre die Anfahrt für die paar Minuten Vergnügen viel zu weit. Aber schauen wir, wohin die Reise geht. Dir noch eine gute Woche.
Herzliche Grüsse
Fredi, Ela + Team DREAM-CARS.CH
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