Am letzten Oldtimer-Treffen im August 2019 in Bleienbach standen am späteren Nachmittag zwei völlig gegensätzliche Autos nebeneinander, gegensätzlich in vielerlei Hinsicht. Auf den ersten Blick fällt sofort der deutliche Grössenunterschied auf. Der Rolls Royce Silver Shadow kam 1965 auf den Markt und löste den Silver Cloud III ab. Den Käfer gab es da schon seit rund 20 Jahren, mal abgesehen von den Vorserienfahrzeugen. Vor rund 50 Jahren war ein Rolls Royce eine stattliche Erscheinung und hob sich deutlich von den anderen Fahrzeugen ab. Das ist heute nicht mehr so, denn die Autos sind allgemein grösser geworden und haben im Verhältnis zu den Modellen von Rolls Royce bezüglich Grösse aufgeholt.
Noch viel extremer als die Grösse ist der Preisunterschied, eigentlich muss man sagen WAR der Preisunterschied. 1965 bekam man ab 4’980 Mark einen Standard-Käfer. Der Silver Shadow wurde für 88’700 Mark angeboten, das ist fast 18 Mal soviel, wie der Preis des Käfers. Spannend wird es, wenn man sich den Preisunterschied im Jahr 2019 anschaut. Einen neuen Wraith gibt es für CHF 450’000.–. Der Phantom ist deutlich teurer, das war er aber auch schon 1965 so. Dividiert man den Preis des neuen Wraith im gleichen Verhältnis, ergibt sich eine Summe von etwas über CHF 25’000.–. Was gibt es bei Volkswagen für diesen Preis zu kaufen? Wenn man den Golf als Volumenmodell nimmt, gibt es gerade mal das günstigste Basismodell. Ob der Vergleich Golf – Käfer stimmt ist schwierig in der Beurteilung. Würde man aber nur schon einen durchschnittlichen Passat nehmen, wäre der im Verhältnis zu 1965 deutlich teurer als ein aktueller Wraith. Und wie sieht es heute aus, wenn man den aktuellen Marktwert der beiden Autos auf dem Bild analysiert stellt man fest, dass der Preisunterschied für durchschnittliche Fahrzeuge in gutem Zustand längst nicht mehr so hoch ist. Der ‘Ovali-Käfer’ auf dem Bild soll dabei seinen Nachfolger mit grösserer Scheibe symbolisch vertreten.
Braucht man heute für einen Rolls Royce Silver Shadow einen neuen Kühler mit Verkleidung, kostet der rund 5’000 Franken, dafür gibt es beim Käfer einen ganzen Motor. Und da sind wir bei der Ursache für den heute vergleichsweise günstigen Preis eines Rolls Royce Silver Shadow, es sind die enormen Unterhaltskosten und die exorbitant hohen Ersatzteilpreise. Die Fahrzeuge sind sicher sehr gut und qualitativ auf einem hohen Niveau verarbeitet, aber nach Jahrzehnten fallen einfach Reparaturen an, die in keinem Verhältnis zum Marktwert stehen. Durch die gute Qualität sind zudem noch sehr viele Fahrzeuge erhalten und im Betrieb, was bei eher mässiger Nachfrage ebenfalls auf den Preis drückt. Auch die Nachfolger des Silver Shadow, der Silver Spirit und Silver Spur leiden unter einem massiven Preiszerfall. Da werden in den nächsten Jahren wohl viele Autos nur noch zum Ersatzteilspender degradiert.
Lieber Fredi
Als Besitzer von zwei Silver Shadows, einem T1 (Schwestermodell zum Shadow), einem Corniche und einem Silver Spirit kann ich hier mitreden. Gute Qualität stimmt nur teilweise. An den Fahrzeugen hat es viel dran, was andere nicht haben. Was nicht dran ist, geht auch nicht kaputt :-).
Dann fährt man auf den Shadows und Spirits auf Öl, System Citroen, aber Hochdruck. Die Bremserei wird auch via dieses System gesteuert. Das Ganze ist sehr komplex, nur wenige verstehen es. Und die Silver Shadows verwenden ein anderes Öl als die Spirits. Muss man wissen, sonst wird es sehr teuer, weil die ganzen Rohre, Röhrchen, Schläuche und Schläuchchen ausgewechselt werden müssen, ca. Fr 18’000. Passiert öfters, dass das falsche Mittel eingefüllt wird.
Ein weiterer Grund, weshalb viele dieser Shadows etc. in einer schlechten Verfassung sind, ist folgender:
Diese Cars wurden präventiv gewartet. Das machte aber wohl nur der erste Besitzer, die erste Besitzerin mit. Nachher wurde oft nur noch das gefixt, was unbedingt nötig war. Was ich da schon erlebte, geht auf keine Kuhaut. Die Shadows, Spirits etc. sind ein Traum zum fahren. Wenn sie sich so verhalten, wie sie sollten schwebt man mit ihnen auf Wolke 7. Vorausgesetzt man hat erst mal die Rechnungen verdaut, die man zu begleichen hatte, um diesen Zustand zu erreichen und den richtigen Mechaniker mit den Arbeiten beauftragte.
Ist dies nicht der Fall, geht man durch die Hölle.
Also, Shadows, Spirit etc. Faher sind wahre Enthusiasten, weil sie viel Geld in ihre historische Fahrzeuge investieren mit Null Aussicht, diese Summen je wieder zu sehen. Auch die Erben werden grosse Augen machen, wenn sie sehen, was der Spass des Verstorbenen kostete und was sie noch lösen können, wollen sie das Teil verkaufen. Sie haben Glück, wenn sie überhaupt einen Käufer finden. Und der Käufer hat Glück, so einen RR zu finden. Ist wie die Nadel im Heuhaufen. Meine sind so fit, aber ich leben noch. Deshalb sind die nicht auf dem Markt.
Sali Ruedi
Genau so ist es, übrigens nicht nur bei Rolls Royce. Viele andere ehemals teure Fahrzeuge sind auch heute noch teuer. Teuer auch deshalb, weil viele Arbeitsstunden für Instandstellungen benötigt werden. Bei den Ansätzen von einigen Jahrzehnten war das noch nicht ganz so. Bei Rolls Royce ist das Problem wahrscheinlich am gravierendsten, weshalb es viele ‘Leichen’ auf dem Markt gibt. Ist z.B. bei Ferrari ganz anders, der Marktwert ist viel höher, da wird auch öfter mal richtig repariert, statt nur gebastelt. Und eines gilt für alle Veteranenfahrzeuge, eine gewisse Leidensbereitschaft ist Voraussetzung, sollte aber mit der Freude kompensiert werden können. Sehen wir mal, was die nächsten Jahre bringen werden.
Herzliche Grüsse
Fredi + Team DREAM-CARS.CH
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