Le Mans Classic, 29. Juni – 2. Juli 2023

100 Jahre Le Mans

Der wahrscheinlich grösste Classic Car Event dieses Jahres war die Le Mans Classic, die vom 29. Juni bis zum 2. Juli 2023 zum 11. Mal durchgeführt wurde. Für die Le Mans Classic wird das riesige Areal in einen grossen Festplatz verwandelt, mit einem ‚Village‘, wo rund 150 Firmen ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten. An vielen Sonderausstellungen werden interessante Exponate gezeigt und überall gibt es Restaurants und Verpflegungsmöglichkeiten. Ein paar Zahlen verdeutlichen, welche Dimensionen die Le Mans Classic hat. 9’200 Clubfahrzeuge waren ausgestellt, 900 Piloten waren am Start mit rund 800 Fahrzeugen und etwas mehr als 235’000 Besucher reisten an. Nur schiere Grösse macht es nicht aus, es zählt die Qualität. Aber an der Le Mans Classic stimmt auch die, da gibt es wirklich hochkarätige Rennfelder zu bestaunen. Le Mans – eine Stadt mit rund 140’000 Einwohnern im Nordwesten Frankreichs im Departement Sarthe gelegen, wäre wohl nicht weltbekannt ohne die Rennstrecke im Süden der Stadt. Die Region Pays de la Loire ist den eher kulturell Interessierten ein Begriff für die vielen Schlösser, nach Le Mans aber geht man wegen des Motorsports. Weltberühmt wurde Le Mans durch seine Motorsportveranstaltungen, vor allem durch die 24-Stunden-Rennen mit dem weltweit schwersten Unfall von 1955 mit über 80 Todesopfern. Das Vorbild vieler Langstreckenrennen wird seit 1923 alljährlich Mitte Juni auf der 13,5 km langen Strecke Circuit des 24 Heures auf Landstraßen im Süden von Le Mans ausgetragen. Bereits 1906 fand in Le Mans mit Beteiligung von 32 Automobilen das erste Grand-Prix-Rennen der Welt statt. Ausserdem gibt es das 24-Stunden-Rennen für Motorräder sowie diverse weitere Motorsportveranstaltungen, unter anderem den Grand Prix von Frankreich der Motorrad-Weltmeisterschaft, die auf der kürzeren Variante der Rennstrecke, dem Circuit Bugatti stattfinden. Für die Liebhaber klassischer Renn- und Sportwagen findet jeweils anfangs Juli die Le Mans Classic, organisiert von Peter Auto und dem Automobile Club de l’Oueststatt.

Le Mans Classic, 100 Jahre Le Mans, 29. Juni – 2. Juli 2023. In den Fahrerlagern herrschte teilweise ein riesiges Gedränge

Bei der grossen Anzahl an Fahrzeugen wird es schwierig, auf jedes einzelne einzugehen, das würde den Rahmen sprengen. Viele Wagen weisen eine beeindruckende Geschichte auf und wurden von berühmten Fahrern pilotiert. Diese Geschichten sind meistens sehr bekannt und es wurde oft und viel darüber geschrieben. Wir möchten an dieser Stelle eher über Geschichten schreiben, die weniger bekannt, aber dennoch sehr spannend sind. Da war beispielsweise ein weisser Lola T70 mit rot/blauen Streifen und der Startnummer 64. Dieses Fahrzeug wurde 1970 für den Film ‘Le Mans’ für eine Unfallszene verwendet. Im Film ist es allerdings ein Porsche 917. Ein Porsche 917 war aber schon damals eine Ikone und stand für Crashszenen nicht zur Verfügung. So kauften die Produzenten günstige Lola und bauten diese um auf ‘Porsche 917-Optik’. Das merkten die Zuschauer natürlich nicht. Und eben einer dieser zerstörten Lola T-70 wurde nach vielen Jahren wieder restauriert und in den Originalzustand zurückversetzt.

Dieser Lola T-70 wurde 1970 für den Film ‘Le Mans’ optisch in einen Porsche 917 verwandelt und in einer Unfallszene zerstört. Viele Jahre später wurde der Rennwagen wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt und ist heute wieder das, was er einst war.

Gefreut hat uns, dass der Serenissima-Ferrari 250 GT SWB Drogo, auch genannt ‘Breadvan’ wieder auf der Strecke zu sehen war. Vor genau einem Jahr, an der Le Mans Classic 2022, wurde das Einzelstück bei einem Unfall erheblich beschädigt. Wir trafen den Besitzer, Martin Halusa, kürzlich in St. Moritz und er sagte uns, dass der Schaden schlimmer ausgeschaut hätte, als er tatsächlich war. Es konnten für die Reparatur fast alle originalen Teile wieder verwendet werden. Es schmerzt immer, wenn ein seltenes und wertvolles Rennfahrzeug verunfallt, wichtig ist aber immer, dass keine Personen zu Schaden kommen. Schäden an Fahrzeugen schmerzen höchstens im Geldbeutel, aber der dürfte bei vielen Teilnehmern eher gut gefüllt sein. Interessant ist auch die Geschichte eines Fahrzeuges, welches 1923 am ersten Rennen in Le Mans teilnahm. Es ist ein Delage DE 11 HP aus dem Jahre 1923. Die Franzosen Charles Belben und Paul Torchy erzielten den 13. Rang in der Klasse 3.0. Und genau dieses Fahrzeug, das sich noch immer teilweise im Originalzustand befindet, nahm 100 Jahre später wieder am Rennen in Le Mans teil und man glaubt es kaum, wieder mit der Startnummer 16. Der Schweizer Besitzer, Jean-Philippe Tripet, konnte leider selber nicht starten und so wurde Jürg König die Ehre zuteil, den geschichtsträchtigen Wagen auf der geschichtsträchtigen Strecke in Le Mans zu fahren. Leider zwangen Motorprobleme zur frühzeitigen Aufgabe.

Delage, DE, 11, HP, 1923

Jürg König mit dem Delage DE 11 HP aus dem Jahre 1923. Das Auto nahm schon 1923, ebenfalls mit der Startnummer 16, am 24 Stunden-Rennen teil und belegte Rang 13.

Ausfälle durch Unfälle oder technische Defekte gehören zum Rennsport wie das Amen in der Kirche. Das erlebte auch unser Freund Andreas Huschka in seinem Lotus 47. Bei der Anfahrt zum berühmten Dunlop-Bogen bemerkte man ein Leuchten unter dem Heck, Sekunden später brannte das Heck lichterloh. Andreas sprang aus seinem Lotus, ein Streckenposten reichte ihm einen Feuerlöscher, das Auto brannte aber weiter. Ein Streckenposten eilte mit einem zweiten Feuerlöscher herbei und der Brand konnte nach wenigen Sekunden gelöscht werden. Der Schaden hielt sich in Grenzen, es wird aber dennoch aufwendig und teuer werden, das Fahrzeug wieder zu richten. Aber das ist wie gesagt Motorsport. Aufgefallen an der Le Mans Classic ist ein weiteres Fahrzeug, ein Porsche 917 von 1970 in der Ausführung LH, was für Langheck steht. Ein Porsche 917 ist schon etwas Besonderes, aber die LH-Versionen sind doch selten anzutreffen. Ein Unikat ist der 917 mit der Chassis-Nummer 021. Der Wagen in der auffälligen psychedelischen Lackierung, damals auch ‘Hippie-Porsche’ genannt, wurde von Martini Racing 1970 eingesetzt. Eigentlich war es der Wagen mit der Chassis-Nummer 043, der aber später umgebaut und anschliessend verschrottet wurde. Nummer 021 wurde mit vielen Neuteilen penibel genau dem damaligen Fahrzeug nachempfunden und kann somit als Replika bezeichnet werden. Wie so oft gibt es unterschiedliche Auffassungen und Meinungen. Tatsache aber ist, dass der Deutsche Willi Kauhsen und der Franzose Gérard Larrousse mit dem originalen Fahrzeug 1970 den 2. Platz belegten. Und eines der beiden Originale, nämlich Gérard Larrousse, fuhr mit dem ‘021 Psychedelic’ an der Le Mans Classic 2023.

Gérard, Larrousse, Porsche, 917, Le, Mans

Le Mans Classic, 100 Jahre Le Mans, 29. Juni – 2. Juli 2023. Ela Lehmann und Gérard Larrousse

Das sind Geschichten, die der Rennsport schrieb und weiterhin schreiben wird. Man weiss nicht, was man noch schreiben soll, wo anfangen und wo aufhören. Le Mans ist und bleibt eine Motorsport-Legende. Ein Beispiel ist der Le Mans-Start, der mittlerweile an verschiedenen anderen Events praktiziert wird. Auf der rechten Seite der Startgeraden werden die Fahrzeuge schräg in Fahrtrichtung aufgestellt. Nach dem Startzeichen rennen die Fahrer über die Strecke, springen in ihr Fahrzeug und fahren los. In aktuellen Rennserien ist das natürlich nicht mehr möglich, aber an historischen Rennen schon. Dieses Jahr war der Le Mans-Start besonders spektakulär, denn es gab ein spezielles Rennfeld mit über 70 Vorkriegs-Bentleys, die in der ‘Challenge Benjafield’ starteten. Das war wirklich eindrücklich, wie die ‘schnellsten LKW’ der Welt starteten. Man kann sich gut vorstellen, dass der eine oder andere Erdbebensensor in der Region den Start registrierte.

Bentley, Le, Mans, 2023

71 Vorkriegs-Bentley am Start – eindrücklich, optisch wie akustisch

Alle Eindrücke dieser 4 Tage in Le Mans niederzuschreiben ist unmöglich, man muss diesen absoluten Top-Event selber einmal erlebt haben. Die nächste Gelegenheit bietet sich vom 26. bis 30. Juni 2025. Alle weiteren Informationen gibt es auf der Webseite des Veranstalters.

Fredi Vollenweider, Ela Lehmann, 8. Juli 2023

Galerie – Achtung, es sind 2 Seiten.

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